Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'23 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2023 titel Alexander Aisenbrey, Geschäftsführer Der Öschberghof, Donaueschingen „Wir beweisen, dass es geht“ Herr Aisenbrey, wie erfahren sind Sie bei der Fachkräfteeinwanderung? Alexander Aisenbrey: Sehr. Aktuell arbeiten Gastgeber aus 35 Nationen in unserem Fünf-Sterne-Hotel. Etwa 40 Prozent der Belegschaft kommen nicht aus Deutschland. Und das klappt gut. Hotellerie und Gastronomie machen seit Jahren vor, dass Fachkräfteintegration funktioniert. Das muss man einfach mal feststellen. Wie kommen Sie an ausländische Mitarbeiter? Über verschiedene Kooperationen. Über das „THAMM- Projekt“ der Bundesagentur für Arbeit stellen wir uns in Tunesien, Ägypten und Marokko vor. Über die Hochschule IST in Düsseldorf haben wir Kontakt zu chinesischen Bachelorstudenten, in Thailand arbeiten wir mit Unis und Schulen zusammen. Wir probieren vieles aus. Aber letztlich stoßen wir immer an die gleichen Grenzen. Und welche Grenzen sind das? Die Grenzen unserer Gesetze. Ein Beispiel:Wir hätten im vergan- genen Jahr in Kairo hochqualifizierte Köche rekrutieren können. Die Verständigung in Englisch war gut. Das würde bei uns hervorragend klappen.Aber ohne B2-Sprachnachweis haben wir keine Chance. Man erwartet, dass die Men- schen ihren Job dort aufgeben, um über sechs bis neun Monate erstmal Deutsch zu lernen, bevor es – ohne Garantie – überhaupt weitergeht. Das ist doch unre- alistisch.Wir sind momentan noch sehr reglementiert, wen wir einstellen dürfen. Wird das mit dem neuen Gesetz anders? In jedem Fall freuen wir uns auf das Punktesystem. Das wäre schon eine Erleichte- rung – wobei man schauen muss, wie es in der Praxis läuft.Wer prüft das und wie lange dauert das? Die Ämter und Institutionen sind jetzt schon total unterbesetzt. Manche Botschaften sind für Visa kaum noch ansprechbar. Ist Recruiting im Ausland nur was für große Häuser? Nein, man kann sich einfach den Programmen und Systemen anschließen. In unserer Initiative „Fair Job Hotels“ rekrutieren wir zum Beispiel mittlerweile für alle Mitglieder. Und da sind auch Häuser mit nur 20 Mitarbeitern bei. uh mit Händen und Füßen kommen wir schon recht weit“, stellt Kehrer fest. Für Werkzeuge und Vorgänge, für die es keine englisch-türkische Entsprechung gibt, wird man mit Bildern und Begriffserklärungen arbeiten. Denn na- türlich seien künftig für ein effizientes und qualitatives Arbeiten gute Sprachkenntnisse absolut notwendig. Das Interesse der Unternehmen steigt Roland Kehrer ist sich der Größe der Aufgabe für beide Seiten sehr bewusst. Integration geht nicht im Hand- umdrehen. „Aber mal ehrlich, wir hatten doch gar keine Alternativen und brauchen Personal. Und wenn die Sprache jetzt die Hürde ist, dann versuchen wir sie zusammen so gut wie möglich zu nehmen, auch wenn wir zu kämpfen haben.“ Kehrer ist entschlossen, die Mo- tivation und das Engagement seines neuen Mitarbeiters zu honorieren: „Wir ziehen das jetzt erstmal durch. Ich bin zuversichtlich. Das wird was. – Auch wenn das alles für ein Unternehmen unserer Größe wahrscheinlich ein komplett ungewöhnlicher Weg war.“ Ungewöhnlich vielleicht, aber längst nicht mehr die Aus- nahme, beobachtet Ramona Shedrach vom Welcome Center. Immer mehr auch kleine Handwerks- und Indus- triebetriebe suchen das Gespräch. „Viele kommen dann zwar ernüchtert zu dem Schluss, dass Rekrutieren aus dem Ausland deutlich aufwändiger ist als in der Nachbar- gemeinde“, berichtet Shedrach. „Aber mangels anderer Optionen probieren es jetzt auch öfter die kleinen und nicht nur die großen Unternehmen.“ Tatsächlich spielt jedes zweite Unternehmen in der Re- gion mit dem Gedanken, sich um Fachkräfte aus dem Ausland zu bemühen, oder tut es sogar bereits. Das ergab eine Unternehmensumfrage der IHK Südlicher Oberrhein und der Handwerkskammer Freiburg, die bei der Kick-Off-Veranstaltung fürs neue Welcome Center Südlicher Oberrhein, das 2023 starten soll, vorgestellt wurde (siehe Grafik Seite 7). Besonders in Hotellerie und Gastronomie sind fast 50 Prozent der Betriebe schon HIER GIBT ES UNTERSTÜTZUNG Welcome Center Schwarzwald-Baar-Heu- berg: Beratungsstelle der IHK Schwarzwald- Baar-Heuberg und derWirtschaftsförderung. Ramona Shedrach 07721 922 239 wel- come@vs.ihk.de https://wirtschaftsfoer- derung-sbh.de/welcomecenter Welcome Center Südlicher Oberrhein: startet in 2023 Fachberater für Zugewanderte und Ge- flüchtete bei der IHK Südlicher Oberrhein Ibrahim Sarialtin 0761 3858-175 ibra- him.sarialtin@freiburg.ihk.de und Sabrina Branner 07821 2710-654 sabrina.bran- ner@freiburg.ihk.de Integrations-Kümmerer bei der IHK Hochrhein-Bodensee (Ausbildung für jun- ge Geflüchtete): Sven Ness (für Landkreis Lör- rach) 07622 3907-225 sven.ness@kon- stanz.ihk.de und Hina Raza (für Landkreise Konstanz und Waldshut) 07531 2860-181 hina.raza@konstanz.ihk.de „Fachkräfteeinwanderung – Orientie- rung über Prozesse und Anlaufstellen für Unternehmen in den Landkreisen Lörrach und Waldshut“: Wegweiser/Spickzettel der Fachkräfteallianz Südwest zum Download, hilfreich für Betriebe aus der ganzen Region. www.fachkraefteallianz-suedwest.de/pro- jekt/die-richtige-spur-finden Regionale Koordinationsstelle Fachkräf- teeinwanderung Freiburg / IQ Netzwerk BW: für Unternehmen. Olga Kuchendaeva 0171 2136322 olga.kuchendaeva@ arbeitsagentur.de , Leyla Scherer 0171 3043468 leyla.scherer@arbeitsagentur.de Merkblatt zum neuen Chancen-Aufent- haltsrecht: www.unternehmen-integrie- ren-fluechtlinge.de Neues Infopapier zum Chancen-Aufenthaltsrecht Make it in Germany: Infoportal der Bundes- regierung für Fachkräfte aus dem Ausland, Unternehmen,Azubis, Studenten, in diversen Sprachen. www.make-it-in-germany.com
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