Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'22 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

7 11 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten S pätestens seit dem mutmaßlichen Anschlag auf die beiden Pipelines Nordstream 1 und 2 ist klar: Günstiges Gas aus Russland wird es so schnell nicht mehr geben – vielleicht nie wieder. Der Gaspreis ist explodiert, Verbraucher und Handel zahlen inzwi- schen mindestens den doppelten oft sogar den dreifa- chen Preis. Im Windschatten der Kosten für Erdgas ge- hen auch die Preise der restlichen Energieträger durch die Decke, allen voran für Strom. Viele Verbraucher sind verunsichert, wie sie die Heizkosten im Winter stemmen sollen, entsprechend fürchten Einzelhandel und Tourismusbranche, dass weniger konsumiert wird. Das produzierende Gewerbe ächzt ohnehin. „Die schlimmste Energiekrise seit Jahrzehnten bedroht in kürzester Frist die Existenz einer täglich wachsenden Zahl von Betrieben aus allen Branchen und damit auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen“, heißt es in einer von den 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) mit gro- ßer Mehrheit beschlossenen Resolution (Downloadlink siehe oben). „Unsere Wirtschaftsstruktur und unser Wohlstand in Deutschland geraten zunehmend in Ge- fahr – Produktionsstopps, Wertschöpfungsverluste und die Verlagerung von Produktion ins Ausland sind die Folgen.“ So steige aktuell die Zahl der Unternehmen, die entweder gar keine oder nur noch Energielieferver- träge zu Extrempreisen erhielten. Konkrete Vorschläge der Politik stehen noch aus Vehement fordern die IHKs in einer gemeinsamen Resolution von der Politik, „rasch die richtigen Rah- menbedingungen für den Weg durch die Energiekrise zu schaffen“. Dafür listen die IHKs zehn aus ihrer Sicht kurzfristig wirkende Sofortmaßnahmen auf. Sie fordern unter anderem, alle verfügbaren Kohle- und Ölkraftwer- ke in den Markt zurückzuholen sowie verfügbare Kern- kraftwerke bis zum Ende der Krise weiterzubetreiben. Die vom DIHK geforderte Preisbremse für die Wirtschaft ist von der Politik inzwischen angeschoben worden. Bun- deskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte einen „Doppel- Wumms“ in Form von 200 Milliarden Euro Unterstützung sowie eine Gaspreisbremse an. Die Gaspreiskommission hat einen Vorschlag vorgelegt, wie diese ausgestaltet werden soll. Zum Redaktionsschluss stand noch nicht fest, welche Ideen es schließlich in die Praxis schaffen. Angesichts der angespannten Gasversorgungslage und stark gestiegener Erdgas-, Strom- und Kraftstoffpreise stehen viele Unternehmen unter Druck, ihren Energie- bedarf kurzfristig zu reduzieren. „Es gibt unzählige klei- ne Maßnahmen, mit denen man den Energieverbrauch senken kann“, sagt Jelena Nikolic. Sie ist Projektlei- terin der Klimaschutzoffensive des Handelsverbands Deutschland (HDE). Die Initiative bietet umfangreiches Material zum Energiesparen an, das kostenfrei genutzt werden kann (mehr siehe Infokasten Seite 8). Klassiker unter den unnötigen Energiefressern sind laut den Experten der Initiative verdreckte Klimaanlagen: Schmutzige Filter blockieren den Luftstrom, weswegen der Motor mehr arbeiten muss. „Die Reinigung ist ein- Bodenseeschiffs-Betriebe (BSB), Konstanz Suche nach alterna­ tiven Technologien FrankWeber, Geschäftsführer: „Sämtliche Bereiche der BSB sind von den Preissteigerungen betroffen. Der Schiffs- und Fährbetrieb ist in erster Linie von der deutlichen Dieselpreis- Teuerung betroffen, während derWerftbetrieb in denWinter- monaten sehr stark durch die Gas- und Strompreissteigerung belastet wird. Gestiegene Rohstoffpreise verursachen teilwei- se drastische Preissteigerungen und führen zu Lieferengpässe bei Ersatzteilen. Das Homeoffice bietet uns nur eine geringe Möglichkeit zum Energiesparen, da die weitaus größte Zahl der Beschäftigen im Schiffsfahrdienst und im Werkstättendienst eingesetzt ist. Dennoch fassen wir diese Möglichkeit ins Auge. Für die kommende Heizperiode werden die Raumtemperaturen im Rahmen des Möglichen abgesenkt. Um Heizkosten zu sparen, bereiten wir uns darauf vor, Arbeiten in der Schiffsunterhal- tung möglichst bei moderaten Temperaturen auszuführen, und Arbeiten, bei denen wir auf eine bestimmte Mindest- temperatur angewiesen sind, zeitlich zu schieben. Die Auswirkungen auf den Bodenseetourismus sind aktu- ell schwierig vorauszusehen. Wir rechnen mit Einbußen bei den Fahrgastzahlen und haben daher den Fahrplan 2023 angepasst: Das Angebot auf weniger stark nachgefragten Strecken wurde reduziert, dafür wurde der Schiffseinsatz auf stark frequentierten Streckenabschnitten optimiert. Sofern der Binnentourismus wegen hoher Energiepreise für Reisen ins Ausland zunehmen sollte, kann der Fahrplan jederzeit angepasst werden. Hohe Priorität hat unsere Suche nach alternativen Tech- nologien zum Dieselmotor als Schiffsantrieb. Unser erstes Elektroschiff wurde in Betrieb genommen, ein weiteres soll beauftragt werden, der Einsatz von Solarenergie wird gefördert. Ein Fahrtkostenzuschuss für unsere Mitarbeiten- den ist seit vielen Jahren bereits Lohnbestandteil.Weitere Unterstützung ist derzeit nicht vorgesehen.“ Die IHK-Resolution zur Energiekrise zum Herunterladen: Bilder: Adobe Stock/vladislav1

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