Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September'22 -Südlicher Oberrhein
47 9 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten Fünf Prozent weniger Zulieferbetriebe Schwarzwaldmilch mit Umsatzplus und Gewinnminus FREIBURG. Auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz der Schwarz- waldmilch GmbH in Freiburg präsentierten Geschäftsführer Andreas Schneider und Aufsichtratsvorsitzender Markus Kaiser neben den Ge- schäftszahlen auch stolz die neuesten Produkte des Unternehmens. Erst vor wenigen Wochen brachte die Genossenschaftsmolkerei einen „Milch + Hafer“-Drink sowie eine „Milch + Hafer“-Joghurtalternative - mit je 50 Prozent Milch- und Haferanteil - auf den Markt, laut Schnei- der das erste Hybridprodukt dieser Art in Deutschland. Bereits im Vorjahr wurde mit „Schwarzwaldmilch Protein“ eine kom- plett neue Produktlinie eingeführt, die sich laut Schneider „bereits gut im Markt etabliert hat“. Auch die Biolinie hat das Unternehmen weiterentwickelt, so erzielte etwa die Produktlinie Bio-Heumilch ein Plus von 8,8 Prozent. Überhaupt konnte das Markensortiment mit einem Absatzplus von 7,5 Prozent abschließen: „Wir wachsen rein ertragsorientiert und nicht über Aktions- oder Niedrigpreise“, erklärte Geschäftsführer Schneider. Dies zeige sich am deutlichsten darin, dass der Gesamtumsatz 2021 um 5,4 Prozent auf rund 230 Millionen Euro (Vorjahr: 220 Millionen) gestiegen ist, bei gleichzeitig leicht gesunkenem Absatz. Die Konzernbilanzsumme betrug 97 Millionen Euro (2020: 95,1 Millionen), der Konzernbilanzgewinn 2,2 Millionen Euro (Vorjahr: 4,4 Millionen). Die Zahl der Schwarzwaldmilch-Betriebe sei deutlich zurückgegan- gen, viele Höfe stellten aus diversen Gründen den Betrieb ein: 919 Genossenschaftsbetriebe (2020: 966) belieferten 2021 das Unter- nehmen mit Milch, 4,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Für ihre Milch erhielten die Bauern durchschnittlich 41,12 Cent/kg brutto, der Bio- Milchauszahlungspreis lag bei 58,30 Cent/kg brutto – beides laut Schneider im deutschen Vergleich deutlich über dem Schnitt. Die Milchpreiserhöhung decke die Kosten der Milchbauern jedoch gerade so, da die Preise für Dünger, Treibstoff und Futter stark angestiegen seien. Das Projekt „Käsemanufaktur“ in Titisee war Ende 2021 in der zweiten Planungsstufe beendet worden. Die Kostenexplosion vor allem bei den Baukosten habe das Unternehmen zu dieser Entscheidung geführt. Die aktuellen politischen Entwicklungen zeigten noch deutlicher, dass es die richtige Entscheidung gewesen sei, wie Schneider ausführte. Die Schwarzwaldmilch-Gruppe beschäftigt insgesamt 428 Mitarbeiter (Stand Juni 2022), davon 115 in Offenburg (Milchpulverprodukte) und 313 in Freiburg (Frischmilchprodukte). ak Geschäftsführer Andreas Schneider (links) und Aufsichtsratsvorsitzender Markus Kaiser bei der Präsentation der 2021er Geschäftszahlen. Konjunkturumfrage der wvib Schwarzwald AG Noch sind die Umsätze bestens FREIBURG. Die wvib Schwarzwald AG, die sich als Sprachrohr der mittelständischen Industrieunternehmen in Baden-Württemberg ver- steht, vermelden für das erste Halbjahr 2022 einen Umsatzzuwachs von durchschnittlich 13,7 Prozent. „Wenn wir die realen Gütermengen erfassen möchten, müssen wir von diesem Umsatzplus allerdings die beträchtliche Inflation abziehen“, sagte Christoph Münzer, Hauptge- schäftsführer des wvib. Die Preissteigerungen seien in der Industrie zum Teil weitaus höher ausgefallen als beim Konsumentenpreisindex, der derzeit bei acht Prozent liegt. Überdurchschnittlich gut entwickelte sich die Mess- und Regeltechnik mit einem Umsatzplus von 19 Prozent. Schlusslicht ist die Kunst- stoffbranche. Hier konnten die Unternehmen nur um 8,7 Prozent gestiegene Umsätze vermelden. Branchenübergreifend sei beim Auf- tragseingang ein Plus von 11,4 Prozent zu verzeichnen, im Vorjahres- zeitraum waren es noch 28,7 Prozent. „Wir sind überrascht über den Auftragseingang, der noch da ist“, sagte Münzer bei der Vorstellung der Konjunkturumfrage. Es könne sein, dass die noch immer guten Zahlen davon geprägt sind, dass einige mehr bestellen als sie brau- chen, um letztlich überhaupt etwas geliefert zu bekommen. Bei 65 Prozent der Unternehmen verbesserte sich der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, während 15,3 Prozent gleichblei- bende Aufträge verzeichneten und 20 Prozent einen Rückgang. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2021 vermeldeten nur zwölf Prozent sinkende Aufträge. Die Mehrheit der Unternehmen beklagt Versorgungsmangel, Proble- me bei der Logistik, Umplanungen, nötiges Redesign von Produkten etwa aufgrund des Chipmangels, und Margenerosion durch gestie- gene Energie- und Materialkosten, die nicht leicht weitergegeben werden können. Hier seien insbesondere Automobilzulieferer durch „die ruppigen Machtverhältnisse“ in ihrer Branche belastet. „Wenn Automobilhersteller ihre Preise saftig erhöhen und selbst Rekorder- gebnisse verkünden und gleichzeitig ihren langjährigen Zulieferern keinen Ausgleich etwa für steigende Energie- oder Personalkosten gewähren, sind die Lasten unfair verteilt“, kritisierte Münzer. Trotz Fachkräftemangel, coronabedingten Personalausfällen und Ener- giepreissteigerungen blicken die Unternehmen der Schwarzwald AG grundsätzlich noch optimistisch in die nahe Zukunft. 35,3 Prozent er- warten in den nächsten sechs Monaten steigende Umsätze, während 48,2 Prozent keine Veränderung erwarten. Mit sinkenden Umsätzen rechnen dagegen 16,5 Prozent der Unternehmen. Mit Blick auf die geopolitischen Lage appellierte Münzer an die Politik: Fiskalische Vor- sicht in Form einer Schuldenbremse und eine restriktivere Geldpolitik seien zielführender als „schuldenfinanzierte Rund-um-Sorglos-Pakete für jedermann“. db
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