Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'22 -Südlicher Oberrhein

55 7+8 | 2022 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten W er gewerbsmäßig Waren zum Beispiel über Ebay oder Amazon Marketplace verkauft, muss beach- ten, dass derartige elektronische Marktplätze zum 1. Juli 2022 in den Adressatenkreis des Verpackungsgesetzes aufgenommen werden. Dadurch werden diese verpflich- tet, darauf zu achten, dass die Verkäufer auf ihrer Platt- form die Vorgaben des Verpackungsgesetzes einhalten. Konkret genannt werden die Registrierungspflicht sowie im Fall von Waren für private Endverbraucher die Sys- tembeteiligungspflicht. Dienstleister muss Rechtstreue des Auftraggebers prüfen Änderungen ergeben sich zum 1. Juli auch für Verkäufer, die mit sogenannten Fulfillment-Dienstleistern zusam- menarbeiten. Das sind Dienstleister, die für ihren Auf- traggeber zum Beispiel das Lagern, Verpacken, Adres- sieren oder Versenden übernehmen. Neu gilt hier, dass der Verkäufer beziehungsweise Auftraggeber die Sys- tembeteiligungspflicht erfüllen muss. Bisher wurde hier primär danach unterschieden, welche Firmennamen auf der Versandverpackung genannt werden. Umfasst die Tätigkeit eines Fulfillment-Dienstleisters also das Ver- packen von Waren in systembeteiligungspflichtige Ver- sandverpackungen, so gilt der Verkäufer der Waren, für den der Fulfillment-Dienstleister tätig wird, hinsichtlich dieser Versandverpackungen als systembeteiligungs- pflichtiger „Hersteller“. Der Fulfillment-Dienstleister ist jedoch – wie der eingangs erwähnte Marktplatz – ab Juli verpflichtet, sich zu vergewissern, dass sein Auftragge- ber die Pflichten aus dem Gesetz erfüllt. Zwischenhändler vor komplexer Rechtslage Noch eine Stufe komplexer ist es beim Geschäftsmodell der so genannten Streckengeschäfte („dropshipping“). Hier bestellt der Kunde bei einem Zwischenhändler (Dropshipper), welcher den Bestell- und Versandauftrag an den eigentlichen Lieferanten weiterleitet. Wer von beiden – Dropshipper oder Lieferant – für die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten verantwortlich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem, ob der Lie- ferant in Deutschland oder im Ausland sitzt. Läuft der Handel über einen Onlinemarktplatz, wird es Aufgabe des Dropshippers sein müssen, gegenüber dem Marktplatzbetreiber die Rechtskonformität sicherzustel- len, da der Marktplatz keine Verträge mit dem Versender hat. Unternehmen, die in einer der beiden Funktionen Handel per Dropshipping betreiben, müssen sich intensiv informieren, welche Konstellation auf sie zutrifft. Ba www.verpackungsregister.org/information- orientierung/themenpakete/versand-und- onlinehandel IHK Hochrhein- Bodensee: Heike Wagner, 07531 2860-190, heike.wagner@ konstanz.ihk.de IHK Schwarzwald- Baar-Heuberg: Marcel Trogisch, 07721 922-170, trogisch@vs.ihk.de IHK Südlicher Oberrhein: Wilfried Baumann, 0761 3858-265, wilfried.baumann@ freiburg.ihk.de Ab Juli strengeres Verpackungsgesetz Neues für Versandhandel und Onlinemärkte Bild: Adobe Stock, alekseiveprev Internationales Recht Wenn Post vom ausländischen Gericht kommt P reisfrage: Wer weiß spontan, was zu tun ist, wenn Post von einem ausländischen Gericht eintrudelt und einem die Klage des ausländischen Geschäftspartners zugestellt wird? Regel Nr. 1: Keine Zeit verlieren. Denn in ausländischen Gerichtsverfahren sind Fristen oft kürzer als bei Prozessen hierzulande und nicht verlängerbar. Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke aus dem EU-Ausland ist in einer in allen Mitglied- staaten einheitlich geltenden Zustellverord- nung geregelt, der EuZVO. Sie gibt zwingende Mindeststandards vor, die Gerichte und Behör- den bei der Zustellung von Schriftstücken in andere EU-Staaten beachten müssen. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Zustellung wirk- sam ist und die Rechtsfolgen der Zustellung eintreten, wie etwa der Beginn der Klageerwi- derungsfrist. Für die Zustellung von Gerichts- post sieht die EuZVO verschiedene Wege vor: Zum einen per Post gegen Zustellnachweis, meist durch Einschreiben international mit Rückschein, zum anderen die Zustellung über deutsche Gerichte, die dann als „Zustellbe- hörden“ für das Auslandsgericht tätig werden. Eine Frage der Sprache Das ausländische Schriftstück kann in jeder beliebigen Sprache übermittelt werden. Eine deutsche Übersetzung ist nicht zwingend vor- geschrieben. Allerdings darf der Unternehmer die Annahme verweigern, wenn er die Sprache des Schriftstücks nicht versteht beziehungs- weise keine Übersetzung beigefügt ist. Dann kann er die Zustellung zurückweisen. Das ist aber nur binnen einer Woche ab Zustelldatum durch Rücksendung und Zurückweisung der Zustellung möglich. Ist diese Frist verstrichen, muss sich der Empfänger selbst um eine Über- setzung kümmern. Inzwischen laufen die gerichtlichen und gesetzlichen Fristen – mit dem Risiko, dass zeitnah ein Versäumnisurteil ergeht, wenn auf die Klage nicht rechtzeitig er- widert wird, und dass die Vollstreckung einge- leitet wird. Im Ausland muss sich der deutsche Unternehmer in der Regel durch einen dort ansässigen Rechtsanwalt vertreten lassen. Bei einem Verfahren in Spanien etwa muss ein dort zugelassener Anwalt die Klageerwiderung bei Gericht einreichen, die zugleich von einem weiteren Prozessvertreter, dem Procurador, unterzeichnet sein muss, falls der Beklagte nicht in Spanien ansässig ist. Angesichts des komplexen Procedere sollte ein deutscher Unternehmer zeitnah anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, damit bei einer Prozess- führung im Ausland nichts schief geht. Birgit Münchbach, Friedrich Graf von Westphalen & Partner Bild: Adobe Stock, ronstik

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