Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'21 -Südlicher Oberrhein

7 12 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten tItEl Fachkräfte gewinnen Die besten Rezepte aus der Praxis In vielen Branchen und Berufsgruppen ist der Personalbedarf bereits jetzt schon so groß, dass sich die Wirtschaft ihre Fach- kräfte am liebsten backen würde. In den kommenden Jahren wird sich die Lage noch verschärfen. Was sich deshalb für Mitarbeiterbindung und Personalbeschaffung tun lässt, darüber berichten Arbeitgeber aus der Region. „ 2026 werden in der Region voraussichtlich 32.000 Fach- kräfte fehlen Quelle: DIHK- Fachkräftemonitor I ch denke, ehrlich gesagt, schon manchmal darüber nach, dass ich mich vor den Standorten anderer Arbeitgeber postiere, um dort leute aktiv abzuwer- ben“, sagt Kai Schinkel, Geschäftsführer der Wireless GmbH in Rottweil. Das Unternehmen mit rund einem Dutzend Mitarbeiter, das zur Allnet-Gruppe mit Sitz in Germering bei München mit rund 400 Beschäftigten gehört, ist auf Richtfunk- und WlAN-technik speziali- siert und sorgt damit für schnelle Internetverbindungen, wo kabelgebundene lösungen nicht möglich oder nicht wirtschaftlich sind. „Wir brauchen vor allem zwei berufli- che Qualifikationen in unserem team“, erklärt Schinkel, der sich ehrenamtlich im Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie des DIHK engagiert, „nämlich Fachinformatiker für Systemintegration und It-System-Elektroniker“. Das Problem: Mitarbeiter mit entsprechenden Ausbil- dungen und optimalerweise einschlägiger Berufser- fahrung sind, so Schinkels Erfahrung, auf dem Arbeits- markt in Südbaden derzeit schwer zu kriegen (mehr zu den Engpassberufen der Region siehe Grafik links. Weitere Infos unter www.wirtschaft-im-suedwesten. de/engpassberufe). Knappheit herrscht an vielen Stellen Viele Firmen hatten sich während der Pandemie in Sa- chen Personalbeschaffung eher zurückgehalten, dre- hen aber jetzt wieder auf. Die hiesigen IHK-Experten sind mit Erfahrungen, wie sie Kai Schinkel macht, des- halb vertraut – und bekommen in ihren Gesprächen mit Unternehmern davon in jüngerer Zeit wieder vermehrt mit. Da ist zum einen der Mangel an ausbildungswilli- gen Jugendlichen, zum anderen der an bereits qualifi- zierten Bewerbern für freie Stellen. „Die Branchen sind da unterschiedlich stark betroffen, wenngleich die Nachfrage nach Fachkräften in der Brei- te stark ist und wohl weiter zunehmen wird“, erläutert Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standort- politik bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. „Wir beobachten besonders im lebensmitteleinzelhandel, in der Gastronomie, bei Automobilzulieferern und teils auch in der Medizintechnik, die in unserem Bezirk eine große Rolle spielt, Engpässe bei der Fachkräftever- sorgung“, so der IHK-Experte. Doch genaue Zahlen gebe es dazu nicht – nur Rückmeldungen aus den Unternehmen. „tendenziell kann man sagen, dass es umso schwieriger für Arbeitgeber wird, je ländlicher ihr Standort ist“, sagt Hilsenbek. Bei der IHK Hochrhein-Bodensee wirkt sich laut Ale- xander Graf, dort Geschäftsführer für den Bereich Standortpolitik, die Grenzlage besonders deutlich aus: „Schweizer Unternehmen zahlen ihren Fachkräften deutlich höhere löhne, im Schnitt 30 Prozent. Das ist für viele Arbeitnehmer natürlich attraktiv. Deut- sche Unternehmen können bei diesem Niveau nicht mithalten.“ In seinem Bezirk sei die Nachfrage nach Fachkräften besonders im Dienstleistungssektor sehr groß und übersteige das Angebot. „Über 50 Prozent der Unternehmen aus diesen Branchen haben in den letzten Konjunkturumfragen angegeben, dass der Fachkräftemangel das größte Problem darstellt und ihnen Sorgen bereitet, sehr viel mehr als beispielsweise im Handel oder in der Industrie“, so Graf. Für die weitere Zukunft rechnen die Vertreter aller drei Kammern tendenziell mit einer Verschärfung der lage für viele Berufsgruppen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von der Demografie bis zum anhaltenden trend zum Studium, der am tatsächlichen Bedarf des Arbeitsmarktes in vielen Fällen vorbeigeht. Das ist auch

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