Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'21 -Südlicher Oberrhein

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 12 | 2021 tItEl aus Sicht von Philipp Hilsenbek ein ganz entscheiden- der Faktor: „Wir setzen uns sehr dafür ein, dass der Stellenwert der dualen Ausbildung ausgebaut wird: bei Eltern, lehrern, Jugendlichen und Politikern. Sie ver- mittelt Qualifikationen, die für die leistungserbringung der Unternehmen von elementarer Wichtigkeit sind.“ Zudem sei in manchen Branchen ein merklich steigen- der Bedarf insgesamt an Fachkräften zu beobachten, merkt Simon Kaiser an, Geschäftsführer für den Be- reich Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein: „Das gilt etwa in der logistik, in den It- Berufen oder im Bereich der Elektrotechnik.“ Wie groß dann jeweils der Wettbewerb um qualifizierte Kräfte sein wird, dafür spielen regionale Besonderhei- ten, etwa Branchenschwerpunkte in einzelnen Kreisen und Regionen, sowie die schon erwähnte Konkurrenz durch Arbeitgeber aus der Schweiz eine Rolle. „Wichtig ist, dass man die thematik nicht immer nur unter negativen Vorzeichen sieht“, hebt Philipp Hilsen- bek hervor – und betont damit die Möglichkeiten der Betriebe, auf die Situation zu reagieren. „Schließlich steckt dahinter ja letztlich eine positive Entwicklung“, so der IHK-Experte. Wachstum bedingt eben auch eine stärkere Nachfrage nach qualifizierten Kräften. Den Ausdruck Fachkräftebedarf ziehe er darum dem Schlagwort Fachkräftemangel vor. Ausbildung holt Mitarbeiter schon frühzeitig ab Aus Hilsenbeks Sicht ist ein Königsweg zur Fachkräfte- gewinnung die Ausbildung im eigenen Unternehmen – sei es über eine klassische lehre, ein duales Studium oder eine zielgerichtete Fortbildung. Das sieht man bei der Anton Häring KG in Bubsheim aus eigener, 60-jähriger Erfahrung ebenso. „Wir würden anderen Arbeitgebern ans Herz legen, was wir bereits seit der Unternehmensgründung aktiv vorantreiben, die Ausbil- dung der Fach- und Führungskräfte im eigenen Haus“, erklärt Miriam Häring, Geschäftsführerin des Ferti- gungsspezialisten für Präzisionsteile mit mittlerweile rund 4.000 Beschäftigten weltweit. Die Anton Häring KG in Bubsheim reichert die Ausbildung ihres Nachwuchses mit spannenden Projekten an, teils auch fachfremd, wie hier bei „Bee Good“: 28 von 123 Auszubildenden und Studierenden haben im Sommer einen Bienenstand und eine Wildblumenwiese geplant und gebaut. »Viele Unternehmen haben das Problem früh erkannt und bereits Maßnahmen ergriffen« Alexander Graf IHK Hochrhein-Bodensee „Wir können es nur empfehlen, sich intensiv mit dem thema Ausbildung zu beschäftigen, attraktive Projekte während der Ausbildungszeit anzubieten, Einblicke und Zusatzqualifikationen zu ermöglichen und auch nach Ende der lehrzeit mit einer fairen Übernahmechance und attraktiven Jobangeboten die jungen Fachkräfte im Unternehmen zu halten und weiter auf ihrer Karri- ereleiter zu begleiten“, so Miriam Häring. Bei Häring hat man das gemeinsam mit anderen Indus- trieunternehmen aus der Region Heuberg-Donautal, der Erwin-teufel-Schule Spaichingen, der Hochschu- le Furtwangen, dem Förderverein Hochschulcampus tuttlingen und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg so weit getrieben, dass man mit dem „Industriestudium“ sogar eine eigene, neuartige Ausbildungsform geschaf- fen hat. Dabei können junge leute in viereinhalb Jahren einen Bachelor-Studiengang mit integriertem IHK-Aus- bildungsabschluss durchlaufen und Industriemodule in verschiedenen Unternehmen belegen – akademischer Grad plus viel Praxisbezug. Wireless-Geschäftsführer Kai Schinkel hat bei der Su- che nach It-Fachkräften auf das thema Quereinsteiger gesetzt, um über Umschulungen passende Mitarbeiter in seinen Betrieb nach Rottweil zu bekommen. Er muss aber ernüchtert feststellen: „Wir haben es achtmal ver- sucht – ohne bleibenden Erfolg.“ Etwas besser lief es mit der Integration von Fachkräften aus dem Ausland. Da sei der Verwaltungsaufwand etwas größer, aber immerhin seien einzelne gute Kräfte im Betrieb geblie- ben. „Andere, die wirklich auch gut waren, darunter ein Nachrichtentechnikfachmann aus dem Irak, haben leider nicht die nötigen Aufenthaltsberechtigungen be- kommen“, erinnert sich Schinkel. „Schade.“ Vielleicht geht das Anwerben von Arbeitskräften aus dem Ausland perspektivisch leichter von der Hand. Dieses Ziel hat sich zumindest die viel diskutierte „the länd“-Kampagne der landesregierung auf die Fahne geschrieben, die Ende Oktober an den Start ging. Aber es gibt noch andere Quellen, die sich fürs Rekru- tieren anzapfen lassen. So weiß zum Beispiel Philipp Klemenz, Referent für Umwelt und technologie bei der IHK Südlicher Oberrhein, von einem It-Unternehmen aus der Ortenau, das mindestens einmal schon seinen Fachkräftebedarf aus dem Kreis ehemaliger Berufssol- daten der Bundeswehr gedeckt hat. Not macht erfin- derisch. Fantasie ebenso. An der eigenen Anziehungskraft arbeiten „Viele Unternehmen haben das Problem früh erkannt und bereits Maßnahmen ergriffen, um Mitarbeiter zu

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