Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'21 - Hochrhein-Bodensee

17 REGIO REPORT IHK Hochrhein-Bodensee 11 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten D ie Forderung nach einer Absenkung der Freigrenze bei der Einfuhrumsatzsteuer für Einkaufstouristen aus der Schweiz ist eine alte Bekannte, das Anliegen wird in der Innenpolitik der Schweiz seit Jahren wiederkehrend vorgetragen. Neu ist allein, dass es aktuell auf fruchtbareren Boden gefallen zu sein scheint. Und auf den ersten Blick ist das Anliegen ja auch plausibel - warum sollte ein Land ein Phänomen, den grenzüberschreitenden Einkaufstouris- mus, steuerlich fördern, das seiner eigenen Ökonomie wenig Nutzen bringt? Auf den zweiten Blick ist der Vorstoß indessen doppelt frag- lich: Fiskalisch ist die Abschaffung der Freigrenze unattraktiv, weil die Gründe für ihre Einführung in allen Ländern - auch in Deutsch- land - dieselben sind und unverändert fortbestehen. Der Verwal- tungs- und insbesondere der Kontrollaufwand stehen in keinem guten Verhältnis zum Ertrag. In der Schweiz wiegt dieses Argument sogar dreimal schwerer als in den Mitgliedstaaten der EU, weil die dortigen Steuersätze, gemessen an den in der EU üblichen 19 bis 24 Prozent nur etwa ein Drittel betragen. Am Beispiel: Wer in Deutsch- land Lebensmittel einkauft, die dem abgesenkten Umsatzsteuersatz unterliegen, müsste diesen Einkauf bei der Einreise in die Schweiz mit 2,5 Prozent versteuern. Es ist schwer vorstellbar, wie der da- nach fällige Betrag eingezogen und kontrolliert werden sollte, ohne dass der Aufwand dafür den Ertrag erreichte oder gar überstiege. Aber auch als ein Instrument, das Einkaufserlebnis der Schweizer in Süddeutschland zu trüben und so das Phänomen Einkaufstourismus „einzubremsen“, taugt die Abschaffung der Freigrenze wenig, und das aus demselben Grund: Weil die Mehrwertsteuersätze in der Schweiz mit 7,7 und 2,5 Prozent so niedrig sind, fiele für einen durch- schnittlichen Einkauf im Wert von 75 Euro je nach Zusammenset- zung des Warenkorbes eine Einfuhrumsatzsteuer von drei, vier oder fünf Schweizer Franken an, das entspricht etwa der Parkgebühr für zwei Stunden in der Konstanzer Innenstadt. Und von der erstatteten deutschen Umsatzsteuer (19 beziehungsweise 7 Prozent) verblie- ben im Saldo immer noch 12,3 beziehungsweise 4,5 Prozent. Ganz Der Nationalrat und der Ständerat der Schweiz haben sich dafür ausgesprochen, die 300-Fran- ken-Freigrenze bei der Einfuhrumsatzsteuer auf 50 Schweizer Franken zu senken. Der Bundes- rat muss nun einen Vorschlag zur Umsetzung vorlegen. IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx bewertet die Entwicklung mit dem Fokus, was diese für den hiesigen Einzelhandel bedeutet. Was die Schweizer Pläne zur Absenkung der Freigrenze für den hiesigen Handel bedeuten Doppelt fraglich Bild: Sondem – Adobe Stock

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