Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September '21 - Hochrhein-Bodensee

40 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 9 | 2021 UNTERNEHMEN TUTTLINGEN. In Tuttlingen spricht man noch vom „Spritzen-Henke“. Inso- fern passt die Tatsache, dass Henke- Sass, Wolf (HSW) seit einigen Mona- ten eine kleine Sonderkonjunktur bei Einwegspritzen erlebt, die für Covid- 19-Impfungen verwendet werden, gut ins traditionelle Bild. Allerdings macht die Spritzenproduktion heute nur noch einen kleinen Teil des Geschäfts aus. Der Tuttlinger Medizintechniker hat sich in den vergangenen Jahr- zehnten auf Endoskopie spezialisiert. Zudem ist HSW mit vielen Produkten in der Veterinärmedizin vertreten und traditionell mit Spritzen für die Dentalmedizin. Häufig wissen nur Kenner, dass HSW-Technik im Einsatz ist. Denn das Unternehmen ist einer der größten sogenannten OEM-Hersteller von starren Endoskopen. OEM steht für „Original Equipment Manufactu- rer“, deutsch: Originalausrüstungshersteller, und bezeichnet Firmen, die ihre Produkte nicht unter eigenem Namen verkaufen. Wenn durchs sogenannte Schlüsselloch minimalinvasiv am Knie oder im Bauch ope- riert wird, ist in vielen Fällen HSW-Technik im Einsatz. Bei sportmedi- zinischen Operationen ist Henke-Sass, Wolf weltweit der Marktführer. „Wir produzieren für die meisten global führenden Medizintechnik- hersteller“, sagt Geschäftsführerin Silke Hartmann. Die Exportquote liege bei 80 Prozent. Hartmann ist im HSW-Führungstrio fürs Kauf- männische zuständig. Ihre Ge- schäftsführerkollegen Oliver Bärtl und Markus Westhues kümmern sich um Vertrieb, Marketing und Entwicklung beziehungsweise um Produktion, Qualitätsmanagement und Logistik. „Wir sind ein echter Hidden Champion, sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin“, sagt Oliver Bärtl. Denn Henke-Sass, Wolf tritt mit seinen Medizintechnikprodukten bei den Anwendern meistens nicht unter dem eigenen Namen auf. Die Kunden sind nicht Kliniken, Ärzte oder Landwirte, sondern Medizintechnik- und Pharmahersteller sowie Handelsunternehmen. Dieses Vertriebs- modell ist sehr erfolgreich, HSW legt jedes Jahr fünf bis zehn Prozent zu. Seit der Jahrtausendwende hat sich der Jahresumsatz von 50 auf rund 200 Millionen Euro etwa vervierfacht. Mit Ausnahme allerdings des vergangenen, pandemiegeprägten Geschäftsjahres (10/2019 bis 9/2020), in dem man einen Rückgang von etwa 30 Millionen Euro verbuchte. Seit Ende 2020 geht es wieder bergauf, und mittlerweile hat HSW das Vorkrisenniveau erreicht, betont Bärtl. Die Zahl der Mit- arbeiter liegt aktuell bei rund 1.500 grup- penweit (davon mehr als 500 in Tuttlingen) gegenüber 600 (250 in Tuttlingen) im Jahr 2000. Veränderungen hat es in der jetzt hundertjährigen Firmenge- schichte einige gegeben (eine Chronik, die auch den Firmenna- men erklärt, gibt es auf der WiS-Website, siehe rechts). Ruhiger im Sinne von erfolgreicher verläuft die Entwicklung, seit der Eigentümer Jochen Busch HSW ab 1976 neu ausgerichtet hat. Etwa zwei Drittel des Umsatzes erzielt das Unternehmen nun auf dem Wachstumsmarkt der Endoskopie. Die Endoskopie, wörtlich das innen Beobachten, entstand schon im 19. Jahrhun- dert, diente ursprünglich der Diagnostik und entwickelte sich erst in den zurückliegenden Jahrzehnten zur minimalinvasiven Henke-Sass, Wolf gehört zu den Weltmarktführern in der Endoskopie Durchs Schlüsselloch Neben den großen Platzhirschen in Tuttlingen übersieht man leicht, dass viele weitere Weltmarktführer in der Medizintech- nikmetropole operieren. Henke-Sass, Wolf ist so einer. Das Unternehmen ist im August 100 Jahre alt geworden und auf starre Endo- skope spezialisiert. Aber nicht nur. Silke Hartmann Oliver Bärtl Markus Westhues »Wir sind Hidden Champion in der Human- und Veterinärmedizin«

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5