Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juni'21 - Hochrhein-Bodensee

49 6 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten SO MACHEN SIE IHR UNTERNEHMEN KRISENFEST Überprüfen Sie permanent Ihr Geschäftsmodell , Ihre Strategie, Ihr Produktangebot und Ihre Kunden- sowie Lieferantenstruktur. Haben Sie genug neue Geschäftsideen?Arbeiten Sie stetig an derWeiterent- wicklung Ihrer Produkte? Haben Sie sowohl genügend Bestands- als auch Neukunden? Welche neuen Marktsegmente wollen Sie sich in den nächsten Jahren erschließen? Wie steht es um Ihre Lieferanten- struktur: Beziehen Sie wichtige Vorprodukte/Rohstoffe nur aus einer oder mehreren Quellen? Welche Laufzeit haben Ihre Lieferverträge? Schützen Sie sich vor Lieferengpässen oder Zahlungsausfällen. Checken Sie regelmäßig die Bonität IhrerVertragspartner entlang Ihrer Wertschöpfungskette. Datenbanken wie Schufa oder Creditreform geben Ihnen für relativ kleines Geld rasch und zuverlässig Auskunft darüber, wie es um die finanzielle Lage Ihrer Geschäftspartner steht. Implementieren Sie ein Frühwarnsystem für Ihren Betrieb. Sor- gen Sie für klare Zuständigkeiten: Wer ist wofür verantwortlich, wer berichtet wie oft an wen? Um immer den Stand der Dinge zu kennen, brauchen Sie regelmäßig aktuelle Informationen über die Geschäfts- entwicklungen aus den Bereichen Innenrevision, Controlling und Zerti- fizierung. Lassen Sie sich in regelmäßigen (nicht zu langen)Abständen alle relevanten Zahlen, Daten und Fakten vorlegen und besprechen Sie die Informationen mit Ihren Kollegen aus der Geschäftsführung und Ihrem Steuerberater oder Rechtsanwalt. Fallen Ihnen Unregelmä- ßigkeiten auf oder fürchten Sie Fehlentwicklungen, informieren Sie frühzeitig IhreAufsichtsgremien. Schließen Sie für sich gegebenenfalls eine D&O-Versicherung ab, die Haftungsrisiken abdeckt. Achten Sie aufWarnsignale : Zahlt ein bis dato zuverlässiger Kunde seine Rechnungen auf den letzten Drücker – oder sogar erst nach Mahnung? Zahlt er nur teilweise, erteilt aber gleichzeitig direkt neue Aufträge? Ändert sich die schon lange bestehende Bankverbindung Ihres Kunden? Gibt es unerwarteteWechsel in der Geschäftsführung, und reagieren die neuen Chefs nicht auf Ihre Kontaktaufnahme? Le- sen Sie in der Presse vonWerksschließungen oder Verlagerungen des Firmensitzes? Stellen Sie Ihre Lieferungen eventuell auf Vorkasse um. Auch bei Ihren Lieferanten sollten Sie auf Ungewöhnliches achten: Ändert Ihr Zulieferer ohne Ankündigung seine Zahlungsziele, streicht er seine Skonti-Angebote, liefert er verspätet oder nur Teilmengen – und auch das nur in minderer Qualität? Gefährden Sie nicht Ihre Lieferketten durch Klumpenrisiken: Machen Sie sich rechtzeitig auf die Suche nach alternativen Zulieferbetrieben. cp Ich kann zunächst immer einen außergerichtlichen Ver- gleich mit meinen Gläubigern anstreben. Hier bin ich allerdings auf 100 Prozent Zustimmung aller Gläubiger angewiesen. Das funktioniert also nicht, wenn ein Gläubi- ger nicht mitmacht. Innerhalb eines Insolvenzverfahrens kann ich einen eben solchen Vergleich vorlegen. Für die Zustimmung brauche ich dann lediglich eine einfache Kopf- und Summenmehrheit der Gläubiger beziehungs- weise der Forderungen. Ich kann also einzelne Gläubi- ger überstimmen. Das Starug bildet einen Mittelweg zwischen diesen beiden Varianten. Es beinhaltet zum Beispiel eine Sanierungsmoderation und einen Restruk- turierungsplan, nahezu alle Instrumente eines Insolvenz- verfahrens, aber andere Zustimmungserfordernisse. Die Restrukturierung kann auf einzelne Gläubigergruppen begrenzt werden, etwa ausschließlich auf Kreditgeber. Auch hier können einzelne Gläubiger überstimmt werden. Und sie kann außergerichtlich durchgeführt werden. Dem Unternehmer haftet also nicht das Stigma einer Insol- venz an. Wenn man aber Verträge mit Mitarbeitern oder Lieferanten kündigen muss, hilft das Starug nicht weiter. Welche Warnzeichen gibt es, dass eine Insolvenz drohen könnte? (siehe auch Kasten rechts) Aus Sicht des Unternehmers: wenn der Kontostand immer weiter sinkt und die Zahlungsverpflichtungen immer weiter steigen. Aus Sicht des Gläubigers: wenn zum Beispiel Rechnungen nicht gezahlt werden oder nach Stundung gefragt wird. Was empfehlen Sie Unternehmen, die wegen der Pan- demie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken? Das Wesentliche ist, dass man nicht auf Sicht fährt, son- dern eine Liquiditätsplanung mit einem Soll-Ist-Abgleich aufsetzt. Kann eine Insolvenz für ein Unternehmen auch eine Chance sein? Ja, auf jeden Fall. Manchmal muss man den schweren Schritt gehen und den Betrieb einstellen. Aber bei einer Vielzahl von Fällen kann man den Geschäftsbetrieb wei- terführen. Im Rahmen der Pandemie wird sich zeigen, ob dies weiterhin so gilt. Wenn jemand frühzeitig einen Insolvenzantrag stellt, gibt es immer eine Chance, das Unternehmen zu retten. Interview: mae Wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapan- demie hatte die Bundesregierung die Insolvenzantragspflicht in bestimmten Fällen zwischen März 2020 und April 2021 ausgesetzt (Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz). Davon haben Unternehmen, die einen Anspruch auf die staatlichen Überbrückungshilfen hatten, profitiert. Seit Mai gilt wieder die alte Regel. Vereinfacht gesagt: Wer überschuldet und zahlungsunfähig ist, muss Insolvenz anmelden. Eine Alterna- tive stellt das Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz dar. Mehr dazu unter www.cottbus.ihk.de/unternehmens- stabilisierungs-und-restrukturierungsgesetz-starug.html Bild: alphaspirit - Adobe Stock

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5