Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'21 -Südlicher Oberrhein
9 3 | 2021 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten auf weitere staatliche Hilfen sowie schnelle Impfungen. Viele der Reisebüros, besonders kleine, kommen dank Erspartem, Kurzarbeit und staatlichen Hilfen zumindest bislang einigermaßen über die Runden. Allerdings rech- nen deutschlandweit rund drei Viertel der Reisebüros und -veranstalter für 2020 mit einem Umsatzrückgang von 80 bis 90 Prozent. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Reiseverbands (DRV) hervor, die Anfang De- zember veröffentlicht wurde. Rund 90 Prozent von ihnen sehen sich demnach in ihrer Existenz bedroht. Das größte inhabergeführte Unternehmen der Branche in der Region, das Reisebüro Bühler mit Hauptsitz in Schramberg, 37 Büros und 220 Mitarbeitern, musste Ende November Insolvenz anmelden. Grund waren die zu hohen Fixkosten. Laut Ingo Schorlemmer, Pressespre- cher der Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH mit Sitz in Achern, ist das Reisebüro Bühler bei den Coronahilfen durchs Raster gefallen – zu klein und unbekannt, um wie Lufthansa oder Tui vom Staat gerettet zu werden, und zu groß, um mit den vergleichsweise geringen Hilfen von maximal 50.000 Euro überleben zu können. Ein „Webfehler“ bei den Hilfen, so Schorlemmer. Das Problem sei gewesen, dass die verschiedenen stationären Reisebüros nicht als einzelne Firmen geführt wurden. Wäre dies so gewe- sen, hätte das gesamte Unternehmen ein Vielfaches der staatlichen Hilfen erhalten. Allerdings wurden zwei ex- terne Investoren gefunden: Contravo aus Berlin hat den Bereich Geschäftsreisen inklusive der sechs zugehörigen Büros übernommen, die AER Travel Holding, ebenfalls mit Sitz in Berlin, 14 der stationären Reisebüros. Rund zwei Drittel der Mitarbeiter waren Ende Januar übernom- men worden oder bei anderen Betrieben der Branche untergekommen, darunter alle 42 Azubis. Staatliche Hilfen Dass manche Unternehmen wie das Reisebüro Bühler bei den staatlichen Überbrückungshilfen durchs Raster fallen, ist ein Problem. Ein anderes, dass sich deren Auszahlung zum Teil zwei bis drei Monate hinzieht und den betroffenen Unternehmen somit dringend benötig- te Liquidität fehlt. Die Einzelhändler und andere Unter- nehmer, die Mitte Dezember ihre Geschäfte schließen mussten, konnten die für sie erweiterte Überbrü- ckungshilfe III erst ab 10. Februar beantragen. Die Rechtsunsicherheit aufgrund neuer EU-Regeln kommt erschwerend hinzu: Lange gab es Befürchtungen, dass ein Teil der bereits bewilligten Überbrückungshilfe II zurückgezahlt werden muss. Diese Sorgen sind nun für fast alle Unternehmen ausgeräumt. Davon berich- tet Martin Rau, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Loeba Treuhand GmbH in Lörrach, einer auf Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung spezialisierten Kanzlei mit 65 Mitarbeitern. Die Kritik an der schleppenden Auszahlung der No- vember- und Dezemberhilfen für die Hotellerie und HILFSPROGRAMME Alle Hilfsprogramme im Überblick www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/ coronahilfe.html Infos zu den Überbrückungs- und Monatshilfen www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de Details zumTilgungszuschuss Corona für Schau- steller und die Eventbranche gibt es unter wm.baden-wuerttemberg.de , Rubriken Service, Förderprogramme Mehr zum KfW-Schnellkredit ist zu lesen unter https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unter- nehmen/KfW-Corona-Hilfe/ Bild: sorbetto Ingo Schorlemmer Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung, Achern
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