Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'21 -Südlicher Oberrhein

10 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2021 titel „für den Dreiklang von Gesundheit, Erho- lung und Natur“ – und das vor der Haustür, sagt Link. Und er prognostiziert: „Das wird nach Corona umso mehr ein Trend sein.“ D en erkennt auch Markus Spettel, Geschäftsführer der Kur- und Bäder GmbH Bad Dürrheim: „Wir wollen das Thema Kurort neu spielen und zur ers- ten Biohacking-Destination werden“, sagt er. Trotz Corona startete im Dezember die Kampagne mit eigener Website, für dieses Jahr ist der erste „Biohacking Bad Dürrheim Congress“ geplant. Bei dem Gesundheits- und Lifestyle-Trend geht es darum, den eigenen Körper und Geist möglichst gut zu verstehen und das bestmögliche Potenzial zu entfalten – zum Beispiel durch bewusste Ernährung, Bewegung und Stressbewälti- gung. „Wir können glaubwürdig sagen, dass wir so etwas schon seit 150 Jahren machen“, sagt Spettel. „Eigentlich war Sebastian Kneipp der erste Bio- hacker.“ Die neue Kampagne ist stark digital angelegt und soll etwa über Tipps in sozialen Netzwerken junge, gesundheitsbewusste Zielgruppen ansprechen. Bad Dürrheim besitze als einziger Kurort in Baden- Württemberg die drei Prädikate Soleheilbad, Heilklima- tischer Kurort und Kneippkurort. „Unser touristisches Herzstück ist das Solemar“, sagt Spettel. Die Heilsole- therme zählte 2019 rund 650.000 Besucherinnen und Besucher – inklusive Sauna, Wellnessbereich, Fitness- center und Reha-Abteilung. „Wir sind auch einer der großen Anbieter für ambulante orthopädische Reha mit eigenem Physiotherapeuten-Team und angestellten Ärzten“, sagt Spettel. „Das ist für uns weiter wirtschaft- lich wichtig.“ Für den Tourismus in der Region stehe aber der Freizeitbereich im Zentrum. Neben der gezielten Ansprache verschiedener Ziel- gruppen – siehe Biohacking – setzt er auf die Zu- sammenarbeit mit Hotels, Kliniken, Gastronomie und Handel. So biete zum Beispiel eine von Tourismusbe- trieben per Umlage finanzierte Gästekarte Besuchern bestimmte Leistungen kostenlos an. 2019 zählte Bad Dürrheim laut Spettel 671.000 Übernachtungen, bei den Ankünften sei mit 97.500 sogar ein Rekord erreicht worden: „Die Gästeankünfte haben sich in den vergan- genen fünfzehn Jahren verdoppelt.“ Der Tourismus rund um das Solemar sei für Bad Dürrheim enorm wichtig: „Er hat Effekte auf vielen Wertschöpfungsstufen, bis hin zu Lieferanten und Handwerkern.“ E ine Therme sei „ein wichtiger Baustein im touristi- schen Gesamtkonzept“, bestätigt Alexander Vato- vac. Er leitet bei der IHK Hochrhein-Bodensee das Geschäftsfeld Existenzgründung und Unternehmensför- derung und ist auch zuständig für das Thema Tourismus. Ihm ist wichtig, nicht nur auf die Bäder zu schauen: „Ein Heilbad ist schon ein Pfund – aber es geht darum, ein Gesamterlebnis zu bieten.“ Dafür brauche eine Gemein- de auch eine passende Infrastruktur, also etwa gute Hotels verschiedener Klassen, Wellnessangebote, einen attraktiven Einzelhandel und Gastronomiebetriebe, die für die Gäste interessant seien. Kooperieren diese Ak- teure, so Vatovac, könnten sie spannende Angebote machen sowohl im wachsenden Bereich des Gesund- heitstourismus als auch für Kurzurlaube als „Retreat“ vom stressigen Alltag. B ei uns haben es sich die Römer schon vor 2.000 Jahren im Thermalwasser gut gehen lassen – das beweisen unsere römischen Badruinen“, sagt Doris Räuber, Geschäftsführerin der Badenweiler Ther- men und Touristik GmbH. 2019 hatte die Cassiopeia- Therme in Badeweiler rund 250.000 Gäste, fast 70 Prozent von ihnen kamen aus Frankreich. Auch Räuber berichtet von steigenden Besucherzahlen im Januar und Februar 2020, bevor der Lockdown kam. Im Corona- jahr änderte sich dann auch die Eigentümerstruktur der Therme: Im Sommer übernahm die schon vorher beteiligte landeseigene Bäder- und Kurverwaltung Ba- den-Württemberg die Mehrheit der Anteile, seit Beginn dieses Jahres ist das Bad komplett ein „Staatsbad“; die Bereiche Touristik und Ortsmarketing gingen auf die Gemeinde über. Hintergrund ist neben Corona die für 2023/24 geplante „Riesensanierung“, so Räuber: Die Therme soll bei wei- ter laufendem Betrieb im Bestand modernisiert werden. „Wir wollen unsere Alleinstellungsmerkmale stärken“, sagt sie. Das sei vor allem das römisch-irische Bad. Ihre Philosophie: unterschiedlichen Besuchergruppen eine Nutzung des Bades zu ermöglichen, ohne dass diese sich gegenseitig stören – von der Gymnastikgruppe über Familien bis zu Ruhe suchenden Wellness-Gästen. Die Sanierung werde noch mal einen „Schub“ bedeu- ten, und den könne man besonders nutzen, wenn alle Akteure noch kräftiger an einem Strang zögen, um Gäs- te nach Badenweiler zu locken: „Wir sehen manchmal gar nicht, was für ein Potenzial wir vor unserer Nase haben – darauf sollten wir schauen und es gemeinsam ausschöpfen.“ Thomas Goebel Alexander Vatovac Geschäftsführer, IHK Hochrhein-Bodensee Doris Räuber Geschäftsführerin, Badenweiler Thermen und Touristik GmbH Da war der Besuch noch erlaubt: die Cassiopeia-Therme in Badenweiler im Sommer. Bilder: Privat/IHK Hochrhein-Bodensee/BTT GmbH (von unten)

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5