Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Januar'21 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

72 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 1 | 2021 DIe letZte SeIte Akkordeons aus Trossingen Weltweit gespielt Weltmarktführer Als Quetschkommode oder Schifferklavier sind Ak- kordeons im Volksmund bekannt. Vor allem in der Volksmusik, aber auch im Jazz sowie in der klassi- schen Musik haben sie ihren festen Platz und sind von vielen, vor allem volkstümlichen Festen auf der ganzen Welt nicht wegzudenken. Wohl die meisten Akkordeons, die dabei gespielt werden, stammen von der Hohner Musikinstrumente GmbH aus Trossingen. Denn diese ist nach eigenen Angaben in fast allen Län- dern der Welt Marktführer. Seit 1903 fertigt das Unter- nehmen Akkordeons. 20 verschiedene Serien in diversen Varianten hat Hohner Musikinstrumente heute im Portfo- lio. Die Bestseller sind die chromatischen Instrumente der Bravo-Serie, allen voran die Bravo 72 (siehe Bild), die es seit dem Jahr 2003 gibt. Verkauft werden die Instrumente der Bravo-Serie vor allem in Musikgeschäften in China, den USA und in Deutschland. Neben chromatischen gibt es dia- tonische Akkordeons, die vor allem in Südamerika gespielt werden. Sie basieren auf unterschiedlichen Tonleitern. Dazu kommt, dass bei chromatischen Akkordeons beim Aus- einanderziehen und Zusammendrücken des Balgs dersel- be Ton entsteht, beim diatonischen meist ein anderer. Viel Handarbeit Die Bravo 72 besteht, wie alle Akkordeons, aus einem Diskant – ihn erkennt man an den Tasten – und einem mit Knöpfen bestückten Bass. Beide Teile sind durch einen Balg mitei- nander verbunden. Zieht man ihn auseinander oder drückt ihn nach innen, entstehen die Töne. Bis es soweit ist, ist viel Fein- und Handarbeit gefragt: Beispielsweise fertigen die Mitarbeiter die Ventilklappen aus Holz und bekleben sie dann mit Filz und Leder. Für den Balg wird eine Pappe mit Lederecken und Stoff bezogen, dann werden die Metallecken aufgepresst, und der Holzrahmen wird aufgeklebt. Die Verdecke von Bass und Diskant werden aus Metall gefertigt und anschließend lackiert sowie mit Gaze beklebt. Das Holz für das Gehäuse wird erst zugesägt, dann verleimt, gefräst sowie geschliffen und an- schließend mit weichem Celluloid überzogen, wieder geschliffen und poliert. Bei der Mon- tage wird erst die Mechanik in den Bass eingebaut, dann folgen die Tastatur des Diskants und der Balg. Anschließend werden die hölzernen Stimmstöcke, in die zuvor die Stimm- zungen mit Spezialwachs eingefügt wurden, eingebaut. Schließlich wird das Akkordeon gestimmt, kontrolliert, geputzt und verpackt. Nicht nur das gesamte Instrument, auch die meisten Teile werden in Trossingen gefertigt. Die Stimmzungen dagegen kommen aus dem Hohner-Werk in China. Extern zugekauft werden neben dem Holz zum Beispiel die Hand- und Tragriemen sowie Knöpfe, Tasten und Registerdrücker. Stabile Geschäfte Die Firma Hohner Musikinstrumente wurde 1857 von Matthias Hohner in Trossingen gegründet. Sie ist nicht nur Weltmarktführer für Akkordeons, sondern auch für Mundharmonikas. Außerdem stellt Hohner Flöten und Melodicas her. Die Firmen- geschichte ist wechselhaft: Ihren Höhepunkt hatte sie in den 1930er-Jahren mit weltweit knapp 5.000 Beschäftigten. Die Zeit ab den 1970er-Jahren war von wirtschaftlichen Schwierigkeiten und mehre- ren Eigentümerwechseln geprägt. Seit 15 Jahren schreibt Hohner Musikinstrumente schwarze Zahlen und hat einen stabilen Marktanteil. 2019 wurden rund 20 Millionen Euro umgesetzt, 2020 lief nach Unternehmensangaben zufriedenstellend. In Tros- singen sind derzeit 120 Mitarbeiter beschäftigt, Geschäftsführer ist Arthur Chuang und Eigentümer die HS Investment Group. mae In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: Akkordeons von Hohner Musikinstrumente aus Trossingen.

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