Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'20 -Schwarzwald-Baar-Heuberg
8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 12 | 2020 TITEL daher bislang gut durch die Pandemie gekommen. „Wo Messen wegfallen und die persönliche Ansprache fehlt, wird Dialogmarketing übers Telefon wichtiger“, ist ihre Erfahrung. Ihr Ziel sei es nie gewesen, zu wachsen und möglichst viele Mitarbeiter zu beschäftigen. „Ich nehme nur Aufträge an, die zu meinen Werten passen“, führt Patricia Winter aus und nennt Ehrlichkeit, Vertrauen und Zuverlässigkeit als Beispiele. Sie rechnet nach einem festen Stundensatz ab und vereinbart mit neuen Kun- den stets einen Vorschuss. Am Anfang habe sie dies nicht getan und dafür Lehrgeld bezahlt. Patricia Winter berichtet von anderen kleinen Unternehmen vor allem aus der Werbebranche, die in der Hoffnung auf Aufträge Leistungen erbringen, dann aber weder den Auftrag noch Geld für ihre getane Arbeit erhalten. „Viele kleine Unternehmen kommunizieren dies nicht klar, weil sie die Aufträge brauchen“, sagt Patricia Winter. Ihr ist es wichtig, dass den kleinen Unternehmen Wertschätzung entgegengebracht wird, sie politisches Gehör finden und bei den Förderprogrammen in der Coronakrise nicht durchs Raster fallen, weil sie beispielsweise keine Fixkosten haben. Deshalb engagiert sie sich im Ein- personen- und Kleinunternehmensausschuss (EKU- Ausschuss) der IHK Südlicher Oberrhein (siehe Kasten). A uch Lilli Junker (47) ist Mitglied des EKU- Ausschusses der IHK Südlicher Oberrhein. Sie möchte dazu beitragen, dass die Politik die Be- dürfnisse der Kleinen im Blick hat. „Wir können oft nicht leisten, was von allen Unternehmen verlangt wird“, sagt sie und nennt die Datenschutz-Grundverordnung als Beispiel. Auch viele Förderprogramme, nicht nur während der Coronapandemie, würden am Bedarf der Kleinen vorbeigehen. Sie findet die Vielfalt der Kleinun- ternehmen spannend, die große Spannbreite zwischen denen, die sehr gut und denen, die wie sie relativ wenig verdienen. Und ihr gefällt, dass die Selbstständigkeit es vielen Frauen ermöglicht, Beruf und Familie zu ver- Patricia Winter (links) betreibt in Durbach eine Agentur für Dialogmarketing, Lilli Junker in Freiburg eine kleine Crêperie. Ihr Partner Anthony Martinez ist ihr einziger Mitar- beiter. binden. Lilli Junker selbst ist angesichts der Corona- krise froh, dass sie auf zwei Standbeinen steht: Für das Freiburger Studierendenwerk leitet sie eine Cafeteria. Die ist allerdings seit März coronabedingt geschlossen, und Lilli Junker ist in Kurzarbeit. Ihr damals zweites Standbein brach im Frühjahr komplett ein: Seit 2008 verkauft sie normalerweise beim Freiburg-Marathon, bei Straßen-, Wein- und Firmenfesten sowie auf dem Weihnachtsmarkt mit einem mobilen Stand Crêpes. Dies ist nach wie vor nicht möglich. Seit Mitte Juni hat sie dafür einen festen Standort: Aus einem Pavillon in der Freiburger Günterstalstraße zog eine Eisdiele aus. „Wir haben die Chance genutzt“, sagt Lilli Junker, die IHK-AUSSCHUSS „Die Kleinen haben keine Stimme“, sagt Thomas Kaiser, der den Einpersonen- und Kleinunternehmensausschuss (EKU- Ausschuss) der IHK Südlicher Oberrhein betreut, der für Un- ternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern zuständig ist. Er ist einer von zwei Ausschüssen dieser Art in Baden-Württemberg – den anderen gibt es bei der IHK Reutlingen – und wurde 2019 auf Initiative der Medienunternehmerin Alexandra Beinert aus Te- ningen gegründet. Ziel ist es laut Thomas Kaiser, den EKU eine Stimme zu geben, politische Meinungsbildung aus ihrer Sicht zu betreiben und ihnen IHK-Dienstleistungen näherzubringen, die im Unternehmensalltag helfen. Die EKU wünschten sich mehr Aufmerksamkeit und mehrWertschätzung von Politik, Be- hörden und Öffentlichkeit, mehr Entlastung bei der Bürokratie sowie mehr Förderung, berichtet er. Die IHKs im Land planen, mit den Anliegen der Kleinen an die Landespolitik heranzutre- ten. Zurzeit werden die Positionen abgestimmt. mae www.freiburg.ihk.de 4472664
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