Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'20 -Südlicher Oberrhein
54 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 11 | 2020 D ie Verhandlungen zwischen Großbritan- nien und der eU über ihre Beziehungen nach dem ende der Übergangsphase ab 1. Januar 2021 waren ende Oktober immer noch nicht vorangekommen. Die ansichten über die ausgestaltung eines Handelsvertrages gehen weit auseinander. Von Seiten der eU wird wei- terhin darauf hingearbeitet, regelungen in Bezug auf ein Level-Playing-Field zu erzielen. Dazu ge- hören unter anderem einheitliche regelungen zu Staatsbeihilfen und Umweltstandards, um auch künftig einen offenen und fairen Wettbewerb zwischen der eU und Großbritannien zu gewähr- leisten. Zudem soll es ein umfassendes abkom- men ohne Mengenbeschränkungen und Zölle für Waren geben. Das Vereinigte Königreich hingegen möchte sich nicht auf die aufrecht- erhaltung gemeinsamer Standards festlegen. auch ein gleichbleibender eU-Zugang zu britischen Fischgründen ist bisher von den Briten nicht gewünscht. Dies macht eine einigung schwierig, dabei ist die Zeit denkbar knapp. Um ein rechtzeitiges Inkrafttreten zum Jahreswechsel garantieren zu können, hätten die Verhandlungen bis Oktober abgeschlossen sein müssen, da der Handelsver- trag sowohl vom europäischen als auch vom britischen Parlament ratifiziert werden muss, und die nationalen regierungen der eU Zeit für die Implementierung des Vertrages benötigen. aufgrund der schwierigen Gesamtlage hat die eU-Kom- mission die Mitteilung „Getting ready for change“ her- ausgegeben, in der sie einen Überblick über die Verän- derungen gibt, die nach dem ende der Übergangsphase – unabhängig vom ausgang der Verhandlungen – auf die Unternehmen zukommen, wenn Großbritannien den eU-Binnenmarkt und die Zollunion verlässt. Für Brexit: Was kommt nach dem Ende der Übergangsfrist? Vorbereiten auf die Ungewissheit den Warenverkehr mit dem United Kingdom (UK) bedeutet dies neue Zollbestimmungen. Mit Beginn des neuen Jahres müssen eU-Un- ternehmen, die Ware ins Vereinigte Königreich exportieren oder aus diesem importieren, über eine nummer zur Identifizierung und registrierung von Wirtschaftsbeteiligten, die sogenannte eOrI-nummer der eU, verfügen. Zusätzlich wird für in die eU importierte Waren die Ursprungseigenschaft nachzuweisen sein. Materialien mit Ursprung „Vereinigtes König- reich“ tragen dann nur noch im bilateralen Handelsverhältnis zwischen eU und UK zum erreichen des Präferenzursprungs und somit zu Zollvergünstigungen bei. Im Verhältnis mit Drittländern verlieren britische Vormateriali- en dagegen ihre präferenzielle Ursprungsei- genschaft. Falls Transportwege über das Vereinigte Königreich führen, sind Direktbeförderungsklauseln zu beachten. Für den Handel mit Dienstleistungen fallen zum Jahres- beginn die niederlassungsfreiheit und der freie Dienst- leistungsverkehr im Sinne der Unionsverträge weg. Um Zugang zum eU-Binnenmarkt zu erhalten, müssen Dienstleister nachweisen, dass alle Vorschriften ein- gehalten werden und alle Genehmigungen vorliegen, die für die ausübung der Dienstleistung in der eU nötig sind. Bei Finanzdienstleistungen gelten nach ende der Übergangsfrist nur noch die üblichen Drittstaatenrege- lungen des betreffenden Mitgliedsstaates. Konformitätsbewertungen und Zertifizierungen von Prüfstellen aus dem Vereinigten Königreich sind in der eU nicht mehr gültig. Zudem gelten für bestimmte Güter – unter anderem chemische Produkte, abfall- und Dual-Use-Güter – ab 1. Januar 2021 Import- und Mehr als vier Jahre ist es her, dass sich eine knappe Mehrheit der Briten im Referendum am 23. Juni 2016 für den Austritt aus der EU ausgesprochen hat. Doch bis heute wissen die Unternehmen nicht, wie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Verei- nigten Königreich künftig ausge- staltet sein werden. Bild: Irina 27 - adobe Stock PraxISWISSen InTernaTIOnaL
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2MDE5