Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe November'20 -Südlicher Oberrhein

12 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 11 | 2020 Leute Kopf deS MonatS RIELASINGEN. auf dem flughafenvorfeld, in einem olivenhain, auf einem Steg oder im Wasser – Stüh- le und andere Gegenstände an besonderen orten zu inszenieren und sie reduziert sowie leicht abstrakt zu fotografieren, ist das Markenzeichen des fotodesig- ners otto Kasper aus Rielasingen. dies machte ihn in den 1980er-Jahren international bekannt. ein typisches Beispiel seiner arbeit ziert auch das Cover seines Bu- ches „Workplace Living“, das Kasper ende September im eigenverlag veröffentlicht hat (siehe Bild rechts). dabei geht es um design, Licht und akustik im Büro der Zukunft und darum, dass die Mitarbeiter sich an ihrem arbeitsplatz wohlfühlen – für Kasper eine Vo- raussetzung für deren Kreativität. Mit der Gestaltung von arbeitswelten beschäftigt sich auch die Kasper GmbH, die der 66-Jährige inzwischen gemeinsam mit seinen drei Kindern führt. In die firma, so wie auch in das aufwendig gestaltete Buch mit seinen schönen Bildern, fließt seine erfahrung aus 45 arbeitsjahren ein. der Grund für das projekt: „Mir ist aufgefallen, dass wir immer schöne Bilder und Welten erschaffen, aber nie eine Vorlage zur umsetzung für andere machen“, sagt otto Kasper, der das Buch als Gebrauchsanweisung versteht – und sich selbst als „Ideenlieferant“. diese Berufsbezeichnung hat er sich auch auf seine Visiten- karte drucken lassen. allerdings fotografiert er nach wie vor, wenn auch weniger als früher. Ideen brauchte otto Kasper von anbeginn, um die Gegenstände, die er fotografierte, in Szene zu setzen. Von seinen Kunden erhält er stets nur das produkt – einen Bürostuhl, einen tisch oder einen Kerzenstän- der. der Rest ist ihm überlassen: er sucht die orte oder Räume, die Models und accessoires, setzt sie mit dem passenden Licht in Szene und drückt schließ- lich auf den auslöser. „Ich habe eine diebische freude gehabt, wenn ich einen Kerzenständer so fotografiert habe, dass man bei seinem anblick weinen musste“, sagt er und berichtet leicht amüsiert davon, wie sich derart in Szene gesetzte Gegenstände zu Verkaufs- schlagern entwickelten. damit, Möbel anders als üblich zu fotografieren, be- gann er bereits in den 1970er-Jahren nach seiner Der Ideenlieferant Otto Kasper | Kasper GmbH ausbildung zum Werbefotografen in freiburg. Von der damals dort ansässigen firma fortschritt Büromöbel bekam er seine ersten aufträge. Weitere folgten. an- fang der 1980er-Jahre zog es den gebürtigen Singener zurück an den Bodensee, wo er schon zuvor fast jedes Wochenende verbracht hatte. In seiner Heimatstadt richtete er sich in einem Hinterhof ein Studio ein, kom- plett schwarz ausgekleidet, wie es damals üblich war. 1987 brach er mit den Konventionen der Branche und eröffnete auf über 1.500 Quadratmetern in Rielasin- gen ein tageslichtstudio. Sein internationaler durchbruch gelang dem foto- designer mit den Bildern von kunstvoll in Szene ge- setzten Spaghetti. die Stillleben, zusammengestellt in einem Kalender, wurden preisgekrönt und schmückten Zeitschriften weltweit. Ähnlich erfolgreich war der Ka- lender mit einem 8,50 Meter hohen roten Stuhl für den Kamerahersteller Sinar aus Schaffhausen, der heute zu Leica gehört. otto Kasper erhielt vor allem in den 1980ern und 1990ern rund ein dutzend Bran- chenpreise, veröffentlichte etwa ebenso viele Bildbände, arbeitet(e) für den Büromöbel- hersteller Sedus Stoll, den Glasproduzenten Riedel, den Heine-Versand und fotografierte die aus tV-Spots bekannte Insel in der Wiehl- talsperre für die Krombacher-Werbung. Bis zu zwölf fotografen beschäftigte er in diesen Jahren. für seine Shootings arbeitete Kasper meist drei Monate im Jahr auf Mallorca, außerdem häufig in Südfrankreich. aber immer wieder zog es ihn an den Bodensee, zum arbeiten, zu seiner familie, zum Se- geln und zum Wandern. auch heute noch hat sein unternehmen seinen Sitz im zum teil umfunktionierten Studio in Rielasingen. un- ter den 25 Mitarbeitern ist außer Kasper nur noch ein fotograf. Mit 60 Jahren, so berichtet er, „habe ich mir gesagt, ich mache nur noch, was ich will“. er zog sich aus dem tagesgeschäft zurück, strukturierte sein un- ternehmen neu und holte seine Kinder nach und nach herein. die Geschäftsfelder sind heute neben dem fo- tostudio digitaldruck, Werbetechnik und das einrich- ten der Bürowelten – mit otto Kasper als Strategen und Ideengeber. auch zu Beginn der Coronapandemie lieferte er neue Ideen für sein unternehmen: Seit März produziert die Kasper GmbH Schutzwände aus acryl- glas. Sie stehen inzwischen im deutschen Museum in München, in Landgerichten von Konstanz bis Karlsru- he, in Schulen und der Berliner Charité. So gelang es Kasper, einen großen teil der Verluste, die die Corona- krise bislang mit sich brachte, zu kompensieren. mae »Ich mache nur noch, was ich will«

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