Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'20 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 10 | 2020 TITEL 3.000 Hektar Wald und ist damit der passende Sitz für die Forstwirtschaftliche Vereinigung Schwarzwald (FVS). Die Genossenschaft vereint Waldbesitzer aus dem Schwarzwald in mehr als 60 Forstbetriebsgemeinschaften, kommunalen wie privaten Forstbetrieben. Mit zusammen rund 76.000 Hektar Fläche und jährlich etwa 300.000 Festmeter Holz- einschlag zählt sie zu den größten forstlichen Zusammenschlüssen in Deutschland. Das „Waldbesitzerunternehmen“, wie die FVS sich auch nennt, agiert in erster Linie als Vermarktungsgemeinschaft. Zu den Kunden zählen hauptsächlich Sägewerke in der Regi- on, zudem die Zellstoff- und Papierindustrie sowie Pellethersteller. Außer dem Holzverkauf und -transport bietet die FVS ihren Mitgliedern weitere Dienstleistungen in der Waldbewirt- schaftung an wie Pflegehiebe oder Einschläge. Insgesamt setzt die FVS jährlich rund zwölf Millionen Euro um, die – abzüglich einer Ge- bühr - an die Mitglieder ausgezahlt werden. Mit den eigenen Einnahmen finanziert man acht Mitarbeiter samt Verwaltungskosten. Durchs Bürofenster von Joachim Prinzbach geht der Blick auf genossenschaftlichen Wald. Auf dem Computerbildschirm zeigt der FVS-Vorstand ein Diagramm des Holz- preises der vergangenen zweieinhalb Jahr- zehnte. „Nach jedem Sturm geht er runter“, sagt Prinzbach und deutet auf die Dellen in der Kurve: 1999 der Jahrhundertsturm Lothar, 2007 Kyrill. Denn dann kommen große Men- gen sogenannten Kalamitätsholzes auf den Markt und senken den Preis. „Es geht einfach um Angebot und Nachfrage“, erklärt Prinz- bach. Kalamität bedeutet schlimme Lage. Das so bezeichnete Holz muss geschlagen wer- den aufgrund von Stürmen, Trockenheit oder Käfer. Auch die Wirtschaftskrise 2008/09 drückte den Holzpreis, weil die Baubranche in der Folge weniger nachfragte. Doch er erholte sich rasch und blieb viele Jahre auf hohem Niveau – bis 2018. Aktuell sind die deutschen Preise für Rund- und Schnittholz so niedrig, dass sie auf dem Weltmarkt konkurrenzfä- hig geworden sind. „1950 konnte man sich für eine Lkw-Ladung Holz noch einen VW- Käfer kaufen. Heute reicht’s kaum mehr für einen Satz Reifen“, verdeutlicht Prinzbach. So schippert deutsches Holz teilweise nach Asi- en. „Eigentlich sollte der wertvolle Rohstoff hier verarbeitet werden“, meint der Forstwirt. Allerdings könne der Export ein „wichtiges Ventil sein, um die überlasteten Märkte zu entlasten“. Um den Preisverfall nicht noch weiter zu beschleunigen, hat die FVS einen Teil des Holzes vom Markt zurückgehalten. Dafür hat sie viele Nasslager eingerichtet, die bei der Fahrt durch den Schwarzwald vielerorts auffallen. „Holz ist ein verderbliches Gut“, erklärt Prinzbach. Die permanente Bewässe- rung der Stämme diene der Konservierung. A uch der Weg nach Donaueschingen führt an mehreren Nasslagern vor- bei. In einem mehr als 250 Jahre al- ten Gebäude mitten in der Donaueschinger Innenstadt sitzt die Unternehmensleitung des Forstbetriebs Fürst zu Fürstenberg. Seit 20 Jahren ist Jochen Borchers hier der Chef von nur noch fünf Mitarbeitern in der Verwaltung sowie sechs Förstern und vier Waldarbeitern. Das Unternehmen hat sich unter Borchers Lei- tung extrem verschlankt und damit natürlich »1950 konnte man mit einer Lkw-Ladung Holz ein Auto kaufen, heute nur noch einen Satz Reifen« Joachim Prinzbach , Vorstand Forstwirtschaftliche Vereinigung Schwarzwald, Mühlenbach FORSTREFORM Zum Beginn dieses Jahres hat das Land – auf Basis des Mitte 2019 beschlossenen Forstreformgesetzes – seine Forstverwaltung umstruktu- riert. Seit 1. Januar ist nun Forst BW als Anstalt öffentlichen Rechts für die Bewirtschaftung des Staatswalds zuständig. Das Regierungspräsidium Freiburg kümmert sich jetzt um kom- munale und private Waldbesitzer sowie um forsthoheitliche Fragestel- lungen in ganz Baden-Württemberg. Mit dieser Forstreform hat das Land auch auf ein Kartellverfahren reagiert, in dem das Bundeskartellamt gegen die gebündelte und waldbesitzüber- greifende Holzvermarktung Baden- Württembergs geklagt hatte. Zwar hob der Bundesgerichtshof 2018 eine Untersagungsverfügung des Oberlan- desgerichts Düsseldorf wieder auf.Al- lerdings folgten Schadenersatzklagen der Holzindustrie in Millionenhöhe gegen Baden-Württemberg und vier weitere Bundesländer. Diese Verfah- ren laufen noch. kat FVS-Vorstand Joachim Prinzbach mit Kinzigtal im Hintergrund. Bild: Jakob Wolber

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