Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Oktober'20 - Hochrhein-Bodensee

48 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 10 | 2020 Der Einzelhandel im Südwesten im ersten Halbjahr „Deutliche Bremsspur“ D er baden-württembergische Einzelhan- del verbuchte in den ersten sechs Mo- naten ein Umsatzplus von 1,7 Prozent. Das ist schlechter als in ganz Deutschland (plus 3,2 Prozent) und vor allem weniger als 2019. Zahlen für die Region gibt es nicht. Al- lerdings beklagen rund zwei Drittel der Mitglie- der des Handelsverbands Südbaden eine Ver- schlechterung von Geschäftslage, Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr. Nur etwas mehr als 20 Prozent berichten von einer Verbesserung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das ist das Ergebnis einer Mitgliederbefragung des Handelsverbands Südbaden, an der im Spätsommer rund 200 Einzelhändler teilgenommen haben. Sie wurde im September der Presse vorgestellt. Hauptgrund für die Entwicklung ist der coronabedingte Shutdown, der am 18. März „quasi über Nacht“ kam, wie sich Verbands- präsident Philipp Frese erinnert, und für Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern am 24. April, für die größeren erst am 2. Mai endete. Hohe Kosten, aber keine Kunden Hans-Georg Meier, Inhaber der Meierfashion GmbH, die zwei Modehäuser in Rheinhausen sowie Ettenheim betreibt und 45 Mitarbeiter beschäftigt, berichtet von „katastrophalen Einbrüchen“. Der Shutdown sei für Modehändler zum ungünstigsten Zeitpunkt, den man sich vorstellen könne, gekommen: Die Lager waren frisch gefüllt mit der neuen Frühjahrsmode – und da- mit dem größten Wareneingang im ganzen Jahr. Wenig später folgten die Rechnungen – doch verkaufen konnte Meier nichts. Auf einmal hatte er Liquiditätsprobleme, was er niemals für möglich gehalten hatte. Nach dem Lockdown musste er die Ware „mehr oder weniger verschleudern“, sagt er. Da sei dann die Sommermode gefragt gewesen, mit der man geringere Umsätze mache. Insgesamt verzeichnete er – wie auch seine Mitbewerber – im ersten Halbjahr Umsatzrückgänge von etwa 30 Prozent. Unsicherheit belastend „Möbel waren nicht so betroffen wie der textile Be- reich“, berichtet Christoph Heck, der zusammen mit seinem Bruder Carsten die Krämer Einrichtungen GmbH in Freiburg führt. Zwar hätten sie Mitte März die Verkaufsmitarbeiter nach Hause schicken müssen. Wegen der langen Lieferzeiten von etwa acht Wochen habe die Ausliefermannschaft aber durchgearbeitet. Dennoch betont er: „Die Unsicherheit, wie lange so etwas geht, war sehr belastend.“ Der Onlinehandel könne nicht über alles hinweghelfen. Ihn persönlich habe während des Shutdowns die Unsicherheit, wie es weitergeht, umgetrieben, berichtet auch Philipp Frese. „Wenn die Geschäfte stillstehen, geht die Li- quidität schnell in den Keller – trotz Kurzarbeit.“ Die Frese GmbH betreibt zwei Einrichtungsgeschäfte und hat 20 Mitarbeiter. „Es hat sich angefühlt, als würde Während Mode- und Schuh- händler einen Umsatzeinbruch von rund 30 Prozent hinnehmen mussten, wuchs der Lebensmit- teleinzelhandel um etwa neun Prozent, der Fahrradhandel sogar über 20 Prozent. So uneinheitlich entwickelte sich die Branche im ersten Halbjahr. Grund war der coronabedingte Lockdown. Während des Lockdowns muss- ten die meisten Einzelhändler ihre Geschäfte schließen. So wie auch dieses Modegeschäft in der Freiburger Innenstadt. Bild: Thomas Kunz

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