Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September'20 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

10 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 9 | 2020 titel noch ausmacht - und eines der Geheimnisse für ihren Fortbestand ist. Dazu kommen die vielen Innovationen der Schwarzwälder Tüftler sowohl an Maschinen als auch an Bürsten, die mittelständische Prägung der Un- ternehmen und die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen: Man kennt sich, spricht auch mal Probleme an, kauft beieinander ein und kooperiert – zum Beispiel im Initiativkreis Oberes Wiesental. Aber natürlich sind die Bürsten(maschinen)hersteller zumindest in Teilen auch Konkurrenten und hüten ihre Innovationen. „Die Todtnauer haben immer mitgehalten“, sagt Benno Dörf- linger und nennt Industrialisierung sowie Globalisierung als Beispiele. Auch wenn früher mehr Menschen als heu- te in diesem Wirtschaftszweig in Todtnau und direkter Umgebung beschäftigt waren, seien noch nie so viele Millionen Bürsten im Jahr produziert und solch hohe Umsätze erwirtschaftet worden. Susanne Maerz CHRONOLOGIE 1770: Der Müllerssohn Leodegar Thoma führt die Arbeitsteilung bei der Herstellung von Bürsten ein und legt damit den Grund- stein für einen neuen Industriezweig. 1772: Thoma erhält seinen ersten Groß- auftrag von einem in Freiburg stationierten österreichischen Reiterregiment und stellt die ersten Mitarbeiter ein. 1800: Um dieses Jahr verkaufen 13 Bürs- tenhändler die Produkte aus Todtnau in Ba- den, der Schweiz und dem Elsass. 1836: Das Bezirksamt Schönau stellt fast 200 Hausierscheine vor allem für Bürsten- händler aus Todtnau und Umgebung aus. 1823: Vermutlich Gründung der Fir- ma Ludwig Klingele, der wohl ältes- ten Bürstenfabrik Todtnaus. 1840: FridolinWissler gründet sei- ne Bürstenfabrik; auch der Fabri- kant Franz Josef Faller beginnt um diese Zeit mit der Produktion von Bürsten. 1850: Die Zahl der Bürstenhänd- ler ist auf 66 gestiegen. 1853: Rund 250 Menschen arbei- ten in Todtnau in der Bürstenpro- duktion, circa 350 weitere in den umliegen- den Orten. 1871: Etwa 1.000 Menschen sind in Tod- tnau in dem Wirtschaftszweig beschäftigt – in Heimarbeit oder den Fabriken. Sie stel- len rund drei Millionen Bürsten im Jahr her. 1876: Ein großer Brand zerstört in Todtnau 149 Gebäude, darunter mehrere Fabriken. 1880er: Die ersten Zahnbürsten werden in Todt nau hergestellt, 1899 startet deren Produktion in großem Umfang, die Firma Faller ist führend in diesem Bereich. 1902: Gründung der Firma Zahoransky. 1951: Das Spritzgussverfahren hält Einzug in die Bürstenproduktion, immer mehr Bürs- tenkörper sind aus Plastik; Nylon und Perlon ersetzen häufig die Naturbürsten. 1977: Die erste Interbrush, die weltweit führende Fachmesse der Bürsten- und Pin- selindustrie, findet in Freiburg statt. 1988: 25 Prozent der arbeitenden Todtnau- er Bevölkerung sind in der Bürstenindustrie beschäftigt. 2020: 250 Jahre Bürstenindustrie. Die Fei- er und der für den 27. September geplante Naturparkmarkt wurden wegen der Coro- napandemie verschoben. Das Bürstenmu- seum soll aber noch im Herbst öffnen. Die ursprünglich für Mai geplante Messe Inter- brush wurde auf den 4. bis 6. Mai 2022 ver- legt. Quellen: Benno Dörf- linger/Brush Scene, Badische Zeitung Bild: Benno Dörflinger Historischer Stadtplan von Todtnaus Kernort. In den rot markierten Gebäuden sind oder waren einmal Bürsten(maschinen)fabri- ken untergebracht. Der Testlauf einer Zahnbürstenmaschine bei Zahoransky.

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