Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'20 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

8 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2020 tItel Mangel an Lkw-Stellplätzen W enn die Wirtschaft wächst, nimmt der Güter- verkehr zu, und das war seit mehr als zehn Jahren durchgehend der Fall. Daran hat auch der Coronalockdown nur kurz etwas geändert. „Die Zu- nahme des Güterverkehrs findet praktisch nur auf der Straße statt, weil wir in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht in die Alternativen wie die Schiene investiert haben“, sagt Norbert Uphues, Verkehrsexperte der IHK Südlicher Oberrhein. Die Straßen und die Rastanlagen seien nicht auf diese Zahlen ausgelegt. Das Problem der unzureichen- den Parkmöglichkeiten spitze sich deshalb seit Jahren zu. „Zwar werden neue Anlagen gebaut, aber die Zahl der Stellplätze wächst nicht in gleichem Maße wie der Verkehr“, sagt Yvonne Feißt, Verkehrsreferentin der IHK Hochrhein-Bodensee. laut einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen von 2019 fehlen in Baden-Württemberg 3.027 lkw-Abstellmöglichkeiten. Diese Zahl ergibt sich aus der Differenz zwischen den durchschnittlich in den Nachtstunden abgestellten lastern (10.340) sowie der an bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen, Zollanlagen, Autohöfen sowie sonstigen Orten ermittel- ten Zahl der Abstellmöglichkeiten (7.313). Auf den Regie- rungsbezirk Freiburg dürfte etwa ein Viertel entfallen, das entspräche einem Mangel von rund 750 lkw-Stellplätzen. Dagegen nehmen sich die Zahlen des Regierungspräsi- diums Freiburg (RPF) für geplante neue Stellplätze be- scheiden aus: Für 66 zusätzliche Abstellmöglichkeiten an sieben Rastanlagen entlang der A5 gibt es bereits ein Baurecht. Weitere 17 lkw-Parkstände sollen durch den Umbau der tankanlage Schauinsland zur Rastanlage March entstehen. eine Rastanlage mit 186 neuen lkw- Parkständen bei Weil am Rhein befindet sich laut Gernot Schill, Verkehrsreferent des RPF, in einem sehr frühen Planungsstadium. Parallel arbeitet das RPF an anderen Projekten zur lösung der Problematik, be- richtet Schill. So erwäge man beispielswei- se, sich an der Finanzierung des Umbaus der ehemaligen Zollanlage Ottmarsheim im elsass zu beteiligen, um dort 50 lkw-Stell- plätze zu realisieren. Sehr vielversprechend klingt das Pilotprojekt Kolonnenparken, für das derzeit Voruntersuchungen an der Rast- anlage Breisgau laufen. Mittels der telema- tisch gesteuerten intelligenten Parktechnik könnte sich die Zahl der lkw-Stellplätze von jetzt 43 auf 121 fast verdreifachen – auf glei- cher Fläche. Bis zur Realisierung dieser Projekte bleiben die Zustände für die Fahrer mancherorts menschenunwürdig – ohne sanitäre Anlagen und Verpflegungsmöglichkeiten. Fehlende lkw-Parkplätze entlang der Autobahnen ge- fährden zudem die Verkehrssicherheit, denn sie zwingen die Fahrer zum Wildparken – nicht nur auf den Rastanlagen, sondern auch auf Parkplätzen sowie in autobahnnahen Gewerbe- und sogar in Wohngebieten. „Die Verkehre bahnen sich ihren Weg“, sagt IHK-expertin Feißt. „Und wenn die Fahrer halten müssen, müssen sie halten.“ Verstöße gegen die lenk- und Ruhezeiten speichert der elektronische Fahr- tenschreiber auf dem Chip der Fahrerkarte 28 tage lang, und einige länder ahnden sie mit hohen Bußgeldern. Doch die Gemeinden zeigen wenig Interesse, Flächen für lkw-Parkplätze zur Verfügung zu stellen, weil sie davon nicht profitieren. „Das ist kein Gewinnerthema für Kom- munen“, sagt IHK-Referent Uphues. Um Bewegung in das thema zu bringen, haben die baden-württembergischen IHKs einen Arbeitskreis mit Kommunen und Verkehrs- verbänden ins leben gerufen. Besonders dramatisch ist die Situation nahe der Schweiz. „Die Probleme dort lassen sich nicht mit zusätzlichen lkw-Stellplätzen lösen“, sagt Uwe Böhm, Geschäftsfüh- rer International der IHK Hochrhein-Bodensee. Denn entlang der Schweizer Grenze verschärft das dortige Nachtfahrverbot die Situation zusätzlich. Zwischen 22 und 5 Uhr sowie wochenends (ab 13 Uhr am Samstag) ist die Zollanlage geschlossen, und der Güterverkehr staut sich entlang der Autobahn. „Der größte Parkplatz auf der A5 ist die Verzollerspur“, scherzt Böhm. Meist ab 19 Uhr wächst der Stau vor der Grenzanlage auf mehrere Kilo- meter länge und löst sich manchmal erst am nächsten Nachmittag wieder auf. Dort gibt es keine toiletten oder Duschen, und schlafen können die Fahrer auch kaum, falls sich doch wieder etwas bewegt. Der Grund für den Grenzstau ist die Verzollung. Dafür müssen die Fahrer ihre Kabinen verlassen und zum Zoll marschieren und zwar sowohl zum Schweizer als auch zum deutschen. Denn es geht einerseits um die Ausfuhr aus der eU und andererseits um die einfuhr in die Schweiz. Diese zwei Vorgänge dau- ern durchschnittlich eine halbe Stunde pro lkw. Auf dem Zollhof selbst gibt es nur 60 Parkplätze, deshalb entsteht der Rückstau auf die Autobahn. Wesentlich schneller bewegt sich die sogenannte transiter- spur. Die dürfen jene lkw nutzen, die die Verzollungsverfahren schon elektronisch abgewickelt haben. Die Fahrer können im laster bleiben und die entsprechenden Dokumente im Vorbeifahren an drei paral- lelen Hochkabinen vorzeigen. Das dauert durchschnittlich fünf Minuten. Der Anteil der lkw, die diese Möglichkeit nutzen, sta- gniert allerdings bei 50 Prozent, berichtet Böhm. Dafür gebe es vielerlei Gründe. ein wesentlicher sei, dass in vielen Speditionen die Fachleute fehlen, weil sie gar keine Zoll- abteilungen mehr haben. Zum teil planen die Firmen die Wartezeiten einfach in ihre Abläufe ein. kat IHK Hochrhein-Bo- densee: Yvonne Feißt 07622 3907-265 yvonne.feisst@ konstanz.ihk.de IHK Schwarzwald- Baar-Heuberg: Martin Schmidt 07721 922-207 martin.schmid@ vs.ihk.de IHK Südlicher Ober- rhein: Norbert Uphues 0761 3858-117 norbert.uphues@ freiburg.ihk.de

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