Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'20 - Hochrhein-Bodensee
55 7+8 | 2020 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten BILDUNG Praxiswissen IHK-UMFRAGE UNTER AUSBILDUNGSBETRIEBEN Rund ein Drittel der Ausbildungsbetriebe im Land will coro- nabedingt gar nicht mehr oder weniger ausbilden als im Vor- jahr. Das hat eine Befragung des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) bei 3.344Ausbil- dungsbetrieben im Land ergeben. Laut diesem Stimmungsbild sind die kaufmännischen Berufe am stärksten betroffen. Hier geben 36 Prozent der teilnehmenden Betriebe an, gar nicht mehr oder weniger ausbilden zu wollen. Besonders krass ist die Situation in den Branchen Freizeit,Tourismus und Gastge- werbe. Hier planen 23 Prozent der Betriebe vorläufig gar nicht mehr auszubilden, 27 Prozent ihr Ausbildungsengagement zu verringern. 17 Prozent wollen die Zahl der Ausbildungsplätze aufstocken, 32 Prozent wollen sie auf gleichem Niveau halten. Etwas besser ist die Lage im Einzelhandel. Hier gibt ein Fünf- tel der Befragten an, gar nicht mehr ausbilden zu wollen, 22 Prozent reduzieren die Zahl der Ausbildungsplätze, 41 Prozent wollen das Niveau halten und 17 Prozent dieses ausbauen. In der Investionsgüterindustrie wollen 17 Prozent nicht mehr ausbilden, 26 Prozent reduzieren, 42 Prozent die Zahl ih- rer Lehrstellenangebote beibehalten und 15 Prozent mehr Lehrstellen anbieten. Der Rückgang zeigt sich laut BWIHK an der Zahl der neu abgeschlossen Ausbildungsverträge im Land. Demnach sind zum 31. Mai mit 19.256 rund ein Fünf- tel weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverträge bei den IHKs eingetragen als zum gleichen Stichtag des Vorjahres. Ein positives Ergebnis der Befragung ist, dass bestehende Ausbil- dungsverhältnisse offenbar eher weniger gefährdet sind als zunächst befürchtet. Dies zeigt sich bei der Kurzarbeit. Hier bestätigen 80 Prozent der Befragten, dass ihre Azubis derzeit nicht von Kurzarbeit betroffen sind. Dennoch sehen sich 12 Prozent aktuell betroffen, 8 Prozent werden noch in diesem Ausbildungsjahr ihre Azubis in Kurzarbeit schicken. bwihk Zeiten aufrecht zu erhalten. Als Beispiel nennt Anja Schröder, Ausbildungsberaterin bei der IHK Hochrhein- Bodensee, einen Gastronomiebetrieb, der während der Coronakrise geschlossen werden musste und seinen Azubi eine Zeitlang in einem Lebensmittelgroßhandel unterbringt. Der Stammbetrieb muss sechs Wochen lang die Ausbildungsvergütung weiterzahlen, erhält dafür aber eine Prämie von 1.000 Euro. Antragsbe- rechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft oder freier Berufe mit Sitz in Baden-Württemberg, die als sogenannter Stammbe- trieb einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben, der beispielsweise bei einer Kammer eingetragen ist. Die Prämie kann nicht für die eigenen Kinder beantragt werden. Das Programm gibt es seit 25. März, Anträge müssen gestellt werden, bevor der Azubi im Partner- betrieb zu arbeiten beginnt. https://wm.baden-w uerttemberg.de/de/service/foerderprogramme/ IHK-Lehrstellenbörse: Die Lehrstellenbörse der IHKs ist ein etabliertes Ins trument für junge Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Angesichts der Coronakrise sollen zudem Lehrlinge, deren Ausbildungsbetrieb Insolvenz anmelden musste, bei der Suche nach einem Unter- nehmen, in dem sie ihre Ausbildung weiterführen kön- nen, unterstützt werden. Anja Schröder von der IHK Hochrhein-Bodensee rät solchen Azubis, beim Regis- trieren in der Börse anzugeben dass sie eine persönli- che Kontaktaufnahme wünschen. Dafür wurde auf dem Onlineportal vor Kurzem ein Kästchen eingeführt, das angeklickt werden kann. „Dann können wir die Azubis aus insolventen Betrieben besser unterstützen und ih- nen helfen, einen neues Unternehmen zu finden, das zu ihnen passt“, sagt die Ausbildungsberaterin. mae www.ihk-lehrstellenboerse.de Erklärung der Allianz für Aus- und Weiterbildung „Herausforderungen durch Coronakrise begegnen“ G emeinsam den aktuellen Herausforderungen durch die Co- ronakrise auf dem Ausbildungsmarkt begegnen – gemein- sam den Ausbildungsmarkt stabilisieren!“ – dies ist der Tenor einer Erklärung der Allianz für Aus- und Weiterbildung, die Vertre- ter der Bundesregierung, der Bundesagentur für Arbeit, der Wirt- schaftsverbände BDA, BFB, DIHK und ZDH, von Gewerkschaften und Ländern Ende Mai verabschiedet haben. Dabei geht es um die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeits- und speziell auf den Ausbildungsmarkt. Angesichts der Krise ist die Zahl der neuen Ausbildungsstellen und Bewerber jeweils um rund acht Prozent gesunken. Besonders betroffen sind Hotellerie und Gastronomie. Die Allianz hat sich auf folgende Aktivitäten verständigt, zu denen es zum Teil bereits Hilfsprogramme gibt: Unterstützung für von der Coronapandemie betroffene Unter- nehmen Berufsschulen öffnen und digitales Lernen ermöglichen Abschluss- und Gesellenprüfungen sicherstellen Fortführung begonnener Ausbildungen sichern Ausbildungsangebot stabilisieren – Neuverträge ermöglichen Aus-, Fort- und Weiterbildungsträger unterstützen Die Allianzpartner werden die Auswirkungen der Pandemie auf den Ausbildungsmarkt genau beobachten und die vereinbarten Maßnahmen bedarfsgerecht weiterentwickeln. mae Die komplette Vereinbarung gibt es unter https://www.aus-und-weiterbildungsallianz.de/ „
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