Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August'20 - Hochrhein-Bodensee

10 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 7+8 | 2020 titel Bild: helfei - Adobe Stock H erbe Einbußen während der Coronazeit erlebte auch die ATR Südbaden GmbH. Das Umsatz­ minus ihrer vier Rasthöfe auf dem südlichsten Teil der A5 lag bei etwa 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bad Bellingen ist die älteste und größte Anlage von ATR Südbaden. Traurige Bekanntheit erlangte der letzte deut- sche Rasthof vor Basel Anfang der Nullerjahre aufgrund des ADAC-Raststättentests, bei dem er zweimal ganz unten landete. „Das lag an den Containern“, sagt Peter Grathwol gelassen, einer der beiden Geschäftsführer. Sie waren als Provisorium gedacht, viel zu lange geblieben und erst 2009 einem schicken, fast drei Millionen Euro teuren Neubau gewichen. Seither sind die schlechten Urteile passé. Die Investition finanzierte Tank und Rast (siehe Kasten). Dem ehemaligen Staatskonzern gehören sowohl die Flächen als auch die Gebäude samt Möbeln und Inventar. ATR Südbaden pachtet und betreibt sie, mittlerweile bereits in zweiter Generation. Erwin Grathwol, der zuvor wie sein Kollege Karl-Heinz Schneider eine Shell-Tankstelle in Freiburg betrieben hatte, gründete und führte den Betrieb von 1980 bis 1998. Mit dem Generationswechsel zu seinem Sohn Pe- ter Grathwol und seinem Schwiegersohn Michael Nübling firmierte das Unternehmen zur GmbH um. 2007, 2008 und 2012 übernahm ATR zudem die Rasthöfe Schauins- land, Breisgau und Weil am Rhein und wuchs damit auf rund 200 Mitarbeiter. Eine typische Entwicklung: Entlang der A5 zwischen Karlsruhe und Basel gibt es heute nur noch zwei Betreiberfirmen: die ATR Südbaden GmbH und die Kammerer KG in Baden-Baden, zu der alle fünf Rasthöfe nördlich von Freiburg gehören. Auch sonst hat sich einiges verändert seit der Privatisierung von Tank und Rast. Das Sortiment wurde standardisiert, die Sani- täranlagen kamen unter das Dach der Tochter Sanifair, und es gibt immer mehr Partnerschaften mit bekannten Marken wie McDonald’s, Burger King, Nordsee, Subway oder Star- bucks. Kritiker bemängeln regel- mäßig die Monopolstellung und die hohen Preise, Grathwol und Nübling indes sehen die Vorteile der Entwicklung. „Das war der richtige Weg“, sagt Nübling. „Es hat uns Frequenz gebracht, vor allem, seit die Autobahnschilder auch auf das Angebot hinweisen.“ Das einheitliche Warenwirtschafts- system erleichtere den Einkauf. Zu- dem seien die Toiletten früher ein großes Problem gewesen, berich- tet Grathwol. Jetzt sind sie sauber, und das schätzen die Kunden. Seit den Investitionen in die Gebäude sei der Vandalismus zurückgegan- gen. „Je wertiger es aussieht, des- to höher ist die Hemmschwelle“, sagt Grathwol. Auch mit den vielen Lkw-Fahrern, die auf den angeglie- derten Parkflächen übernachten, gebe es kaum Probleme. »Kraftstoff ist das Mittel, die Gäste an- zulocken« Michael Nübling , ATR Südbaden GmbH, Bad Bellingen Die wichtigsten Kunden sind Pendler, Geschäftsrei- sende sowie Urlauber. Und die wichtigste Einnahme- quelle ist auch an der Autobahn keineswegs der Sprit. „Der Kraftstoff ist nur noch das Mittel, um die Gäste anzulocken“, sagt Nübling. Einträglich sind der Shop und die Gastronomie, die zusammen rund 80 Prozent des Ertrags ausmachen. Entsprechend hart schlug der Coronalockdown zu Buche. Mitte Juni hat ATR Südba- den – in Absprache mit Tank&Rast – ihre Restaurants wieder hochgefahren. Der erste Tag nach der Grenz- öffnung zu den Nachbarländern verlief „extrem gut“ berichten Grathwol und Nübling. Jetzt hoffen sie, dass es so weitergeht. Kathrin Ermert TANK UND RAST Die Autobahn Tank&Rast Gruppe GmbH & Co. KG verfügt über 90 Prozent der Konzessionen für Nebenbetriebe (siehe auch Kasten Seite 7) an deutschenAutobahnen. Zu ihrem Netz zählen rund 360 Tankstellen und 400 Raststätten mit 50 Hotels sowie 17 Autohöfe. Die Anlagen betreibt Tank&Rast meist nicht selbst, sondern verpach- tet sie an mittelständische Franchisepartner. Das zunächst staatliche Unternehmen ging 1994 aus der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundes- autobahnen und der Ostdeutschen Autobahn- tankstellengesellschaft hervor. 1998 wurde Tank&Rast privatisiert und seither mehrmals verkauft. Seit 2015 gehört es einem Konsorti- um um die Allianz-Tochter Capital Partner, die Munich-Re-Tochter MEAG, Omers Infrastructure, Infinity Investments SA und China Investment Corporation (CIC). kat Quelle: Tank& Rast

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