Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'20 -Südlicher Oberrhein

14 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2020 Leute Kopf des Monats Schöngeist und Frohnatur Katja Newman | Parkhotel Adler, Hinterzarten HINTERZARTEN. Die gemütliche, holzgetäfelte Stube des Schwarzwaldhauses aus dem Jahr 1446 mit ihren Eckbänken, his- torischen Gemälden und dem Kachelofen ist nicht nur der älteste Bereich des Parkhotels Adler in Hinterzarten. Sie ist auch der Lieb- lingsplatz von Katja Newman, die das Fünf-Sterne-Hotel mit seinen fünf Gebäuden seit dem Jahr 2000 in 16. Generation führt. Allerdings muss die 1,82 Meter große Frau in dem alten Schwarzwaldhaus mit seinen niedrigen Decken und hohen Schwellen stets aufpassen, dass sie sich nicht den Kopf stößt. Nicht nur wegen ihrer großen, schlanken Statur fällt die 53-Jäh- rige auf: Sie hat eine markante, heisere, tiefe und zugleich laute Stimme – und ist eine rheinische Frohnatur. „Ich bin hier in Hinter­ zarten eine Exotin“, sagt sie. Das rheinische Wesen hat Katja New- man von ihren Großmüttern. Beide stammten aus dem Rheinland, machten im Schwarzwald Urlaub, verliebten sich in Hoteliers und blieben. Ihre Großmutter mütterlicherseits heiratete in die Fami- lie Riesterer und damit das Parkhotel Adler ein, die Großmutter väterlicherseits in die Familie Trescher von Treschers Schwarz- wald Romantikhotel am Titisee. Katja Newmans Eltern, Klaus und Gabriele Trescher, gingen allerdings nicht ins Hotelfach, sondern in die Immobilienbranche und zogen vom Schwarzwald in die Nähe von Mün- chen, wo Katja Newman aufwuchs. Das Familienhotel war ihr gleich- wohl von klein auf vertraut, an den Großvater Oscar Riesterer und die Urgroßmutter Olga, die sie als Patriarchin bezeichnet, erinnert sie sich gut. Hier verbrachte sie stets die Ferien. Der Grand-Hotel-Stil, der typisch für das Haus mit seiner luxuriösen, üppigen Einrichtung ist, hat es ihr schon immer angetan. Als Kind liebte sie es, in der Lobby zu sitzen und die Gäste zu beobachten. Dass sie das Haus selbst führt, verdankt Katja Newman, die da- mals noch Trescher hieß, einer spontanen Entscheidung nach dem Anruf ihres Vaters vor etwa 20 Jahren. Damals stellte er sie vor die Frage: Das hoch verschuldete Haus mit einem immensen Investi- tionsstau, das damals von externen Direktoren geführt wurde, mit seiner Hilfe zu kaufen, zu sanieren und weiterzuführen – oder es zu verkaufen. „Ich wollte nicht die sein, die mit der Familientradition gebrochen hat“, sagt Katja Trescher, die im Gegensatz zu ihren Eltern und ihren beiden Brüdern mit der Branche vertraut war und damit als einzige aus der Familie für die Nachfolge infrage kam. Nach vier Semestern BWL-Studium in der Schweiz hatte sie in ei- nem Münchener Fünf-Sterne-Haus, dem nicht mehr existierenden Grand Hotel Continental, eine Hotelfachlehre absolviert. Dann hatte sie allerdings einen Ausflug in die Welt der Kunst unternom- men: Über einen Freund, dem ihre markante Stimme gefiel, wurde sie für Werbetrailer engagiert und stand schließlich bei den legen- dären Weryton Tonstudios in München unter Vertrag, in denen sie vier Blues- und Rock-CDs aufnahm. „Weil Künste oft brotlos sind, habe ich mich dann selbstständig gemacht“, sagt Katja Newman, die sich das Singen als Hobby bewahrt hat und gemeinsam mit ihrem Mann, dem US-amerikanischen Gitarristen James Newman, ab und zu im Hotel Adler auftritt. In den 1990er-Jahren betrieben beide erst ein großes Restaurant auf der Seebrücke Heringsdorf der Ostseeinsel Usedom, anschließend vier Jahre lang eine Cock- tailbar in München-Schwabing. Dann kam der Anruf des Vaters – und nach kurzem Überlegen zog das Paar 2000 nach Hinterz- arten und heiratete im selben Jahr. „Ich nehme kein Blatt vor den Mund“, sagt Katja Newman. „Mein Mann ist der Ausgleich, er ist ruhiger.“ Während er sich um das Praktische kümmert, ist sie für das Kaufmännische und die Unterhaltung der Gäste zuständig. Ihr Sohn Louis ist zwölf Jahre alt. Wenn Mitte des Jahres die aktuellen Umbauarbeiten abgeschlos- sen sein werden, hat Katja Newman zusammen mit ihrem Vater bislang 15 Millionen Euro in das Hotel mit großem Wellnessbereich, zurzeit 56 Zimmern sowie 95 Mitarbeitern und einer Auslastung von 73 Prozent in- vestiert. „Wir haben das Hotel wie- der auf Kurs gebracht“, sagt sie. Für diese Leistung wurde Katja Newman 2004 mit dem Branchenpreis „Hotelier des Jahres“ und 2019 mit der Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg ausge- zeichnet. Dabei wurde auch ihr Engagement als Naturparkwirtin gewürdigt. Für Katja Newman ist es selbstverständlich, die guten regionalen Produkte, die der Schwarzwald bietet, zu verwenden. Zwar müsse sie den Gästen beispielsweise auch Jakobsmuscheln bieten, Erdbeeren im Winter seien aber nicht nötig. Sie selbst schätzt es, gut und lange zu essen, so wie es zur französischen oder zur Schweizer Lebensart gehört. Auf Reisen liebt sie es, möglichst viele Restaurants auszuprobieren. Dafür, dass sie den Personal- und Wareneinsatz in den eigenen Restaurants besser planen kann, sorgt sie gerade. Das Abendessen im Parkhotel Ad- ler ist etwa ab Jahresmitte im Buchungspreis enthalten – das ist eine der großen Veränderungen, die mit den Umbauarbeiten ein- hergehen (wir berichten noch ausführlich). Katja Newman hofft, dass im Sommer die Reihe der großen Investitionen im Parkhotel Adler beendet sein wird. Ideen für Neues hat sie gleichwohl: „Still- stand treibt mich an“, sagt Katja Newman. Gerne würde sie auch ein Stadthotel betreiben. „Aber es muss ein schönes Objekt sein. Schließlich bin ich ein Schöngeist.“ mae »Stillstand treibt mich an« KOPF des Monats

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