Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'20 -Südlicher Oberrhein

10 IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2020 titel entscheidend bleibe das Kerngeschäft mit Medikamen- ten: „Man muss uns einen gewissen Umsatz lassen – sonst funktioniert das System nicht.“ Verstärke sich das Apothekensterben, könne es wie der Ärztemangel auch zu einem Standortnachteil etwa bei der Suche nach Fachkräften werden, sagt Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Stand- ortpolitik bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. „Wenn eine Familie entscheidet, ob sie in eine be- stimmte Region zieht, kann die Gesundheitsversor- gung eine wichtige Rolle spielen.“ Hier sei Kreativität aller Akteure gefragt, um den ländlichen Raum zu stärken, die Ideen reichten von Prämienregelungen für Ärzte und Apotheker bis zu Genossenschafts- modellen mit angestellten Ärzten. „Der Wettbewerb ist da, man kann sich ihm nicht entziehen – man muss sich aber auch nicht verstecken“, sagt er. „Die Kernkompetenz der Apotheken liegt in Beratung und Orientierung vor Ort, Herausforderungen wie die Di- gitalisierung bieten auch die Chance, hier neue Wege zu gehen.“ Oliver Oehrle ist schon dabei. Es ist später Vormittag in der Paracelsus-Apotheke, an jedem Verkaufsplatz der langen Theke sind Mitarbeiter in Gesprächen mit Kunden. Die Apotheke liegt im Erdgeschoss eines Ärz- tehauses am Marktplatz von Spaichingen (Landkreis Tuttlingen), Oehrle leitet sie und zwei Spaichinger Fi- lialen gemeinsam mit seinem Vater, sie haben rund 40 Angestellte. Seine beiden Eltern sind Apotheker, seine Frau ebenfalls. Seit Ende vorigen Jahres nehmen Oehrles Apotheken an einem Pilotprojekt des Landes zum digitalen E-Rezept teil. „Ich beschäftige mich gerne mit dem Thema Digitali- sierung – auch wenn es viel Zeit kostet“, sagt Oehrle, der zusätzlich zum Pharmaziestudium noch ein Fern- studium in Gesundheitsökonomie absolviert hat. Bisher funktioniert das E-Rezept nur in Verbindung mit einer Onlinesprechstunde, in der ein Arzt über die App „Doc- direkt“ einen Patienten berät und ihm anschließend einen elektronischen Schlüssel für ein Rezept aufs Handy schickt. Den kann der Patient dann an die Apo- theke weiterleiten und sein Medikament dort abholen oder es sich per Bote bringen lassen. „Das ist natürlich noch eine Nische“, sagt Oehrle, „aber wir können uns die Digitalisierung künftig zu- nutze machen.“ Sie sei ein Baustein, um die Stärken der Apotheken vor Ort auch in Zukunft zu nutzen. Auch ihn ärgere der „unfaire Wettbewerb“, wie er es nennt, mit den Versandapotheken. Dennoch scheue er die Konkurrenz nicht, sagt er selbstbewusst: „Wir können alles, was die Versandapotheke kann, inklu- sive Botendienst.“ Dazu komme gegebenenfalls noch eine Beratung an der Haustür. Und einen weiteren wichtigen Vorteil der Vor-Ort-Apotheken nennt Oehr- le: „Hier kennen uns die Leute. Und wir kennen sie.“ Thomas Goebel »Wir können uns die Digitalisierung zunutze machen« Oliver Oehrle Paracelsus-Apotheke, Spaichingen Bild: ollo - iStockphoto ZAHLEN IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee 2009 108 Apotheken 2019 120 Apotheken IHK-Bezirk Südlicher Oberrhein 2009 194 Apotheken 2019 264 Apotheken IHK-Bezirk Schwarzwald-Baar-Heuberg 2009 154 Apotheken 2019 100 Apotheken

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