Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Februar'20 -Hochrhein-Bodensee

IHK-Zeitschrift Wirtschaft im Südwesten 2 | 2020 68 DIe letZte SeIte Viele Teebeutel hängen an Fäden aus Stühlingen Aufgebrüht Reißfest, hitzebeständig An ihm hängt der ganze Geschmack. Der Faden verschließt den Teebeutel, verbindet ihn mit dem Etikett und hält ihn am Tas- sen- oder Kannenrand fest. Er muss reißfest sein, zudem geschmacksneutral, frei von Zusatzstoffen und hitzebeständig, schließlich wird er mit dem Tee zusammen aufgebrüht. Die Herstellung der Teebeutelfäden aus Stüh- lingen ist deshalb vielfach zertifiziert, unter anderem mit dem Siegel „FSSC 22000“ für Lebensmittelsicherheit. Die Zwirnerei an der Wutach versorgt weltweit mehrere hundert Teeproduzenten mit Fäden. Geschäftsführer Patrick Steinweg schätzt, dass sein Unter- nehmen damit Marktführer ist. Es erzielt zwei Drittel des Umsatzes mit den Teebeutel- fäden. Der Anspruch ist, über die Qualität zu punkten. Steinweg will für jede Teeabpack- maschine den optimalen Faden anbieten. Die Zwirnerei beliefert ihre Kunden direkt, sie beschäftigt mehrere Verkäufer, die jeweils für eine Weltregion zuständig sind. Der Chef Steinweg beispielsweise für den wichtigen asiatischen Markt. In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region her- gestellt werden. Diesmal: Teebeutelfäden der Zwirnerei an der Wutach. Fachen, zwirnen, spulen In Stühlingen spinnt man nicht, man zwirnt nur. Das Vorprodukt, aus dem die Teebeutelfä- den entstehen, sind sogenannte Einfachgarne. Es gibt sie aus Baumwolle, Viskose und Poly- propylen, immer häufiger Biobaumwolle und PLA (polylactic acid). Für die meisten Teebeu- telfäden wird Baumwolle verwendet. Einige Spinnereien fertigen die Einfachfäden speziell für die Zwirnerei an der Wutach. In Stühlingen werden sie – nach einer gründlichen Waren- eingangsprüfung – in einem ersten Schritt gefacht, das heißt die gewünschte Anzahl von Fäden wird zusammengeführt, aber noch nicht verzwirnt. Das passiert im nächsten Schritt: Im sogenannten Doppeldrahtverfahren, der gän- gigsten Zwirntechnik, verdrehen die Maschinen die Fäden. Anschließend werden sie in der gewünschten Länge auf die Konen gespult. Die Standardspule misst 20.000 Meter Faden. Das reicht für rund 100.000 Teebeutel, denn einer braucht etwa 20 Zentimeter Faden. Der übliche Karton, in dem die meisten Fäden die Zwirne- rei verlassen, beinhaltet 18 solche Spulen. Sie gehen von Stühlingen in mehr als 65 Länder auf allen Kontinenten. Der Exportanteil liegt bei 75 Prozent. Tee, Tampon, Tüten Die Zwirnerei an der Wutach wurde 1886 gegründet. Wie der Name schon sagt, liegt sie direkt am Fluss, dessen Wasser über Transmissionsriemen viele Jahrzehnte die Maschinen antrieb. Mittlerweile sorgt ein vollautomatisch gesteuertes Wasserkraftwerk für den Großteil der benötigten Energie. Die Zwirnerei ist nach wie vor ein Familienunter- nehmen, mittlerweile in fünfter Generation. Patrick Steinweg teilt sich die Geschäftsführung mit Helmut Falkenstein, sein Bruder Marcel Steinweg kümmert sich um Administration und Personal. Ihr Vater Gerd Steinweg hat den Betrieb Anfang der 1980er-Jahre neu aufge- stellt. Bis dahin hatte die Zwirnerei mit einem sehr breiten Portfolio viele unterschiedliche Branchen bedient, beispielsweise Fischernetz-, Reißverschluss- sowie Nähgarne hergestellt. Gerd Steinweg speckte das Sortiment ab, spezialisierte sich auf die Lebensmittel- und Hygieneindustrie sowie auf Verpackungen. Zum Sortiment zählen außer Teefäden etwa Fäden für Damentampons und Zwirne für Mehltüten, Kartoffel- oder Futtersäcke. Der Umsatz entwi- ckelt sich positiv. Die Zahl der Mitarbeiter liegt konstant bei rund drei Dutzend. kat

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