Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember '19 - Hochrhein-Bodensee

Wirtschaft im Südwesten 12 | 2019 12 LEUTE KOPF DES MONATS Der tickt richtig Thomas Weisser | Haus der 1000 Uhren, Triberg TRIBERG. „Er hat nicht nur 1.000 Uhren, er hat auch 1.000 Ideen.“ Das sagt Rebecca Weisser über ihren Mann Thomas, den Geschäfts- führer der Weisser GmbH - Haus der 1000 Uhren in Triberg. Eine seiner Ideen wird diesen Monat zum 16. Mal umgesetzt: Vom 25. bis 30. Dezember findet der Triberger Weihnachtszauber statt. Mehr als eine Million Lichter schmücken dann wieder die Triberger Wasser- fälle, 178 Shows sind geplant, rund 100 Mitarbeiter engagiert, bis zu 40.000 Besucher werden erwartet. Die Hotels in und um Triberg sind dann ausgebucht. „Es ist ein Hobby“, sagt Thomas Weisser, der die Idee gemeinsam mit seinem Freund Rainer Huber hatte und mit ihm die TWZ Event GmbH betreibt. Beide verbindet das Hobby Ton- und Lichttechnik. Reich werden wollen sie damit nicht, sagt Thomas Weisser, aber genug Geld erwirtschaften, um auch für ein schlechtes Jahr gerüstet zu sein. Konservativ zu wirtschaften, also zu investieren und zugleich genü- gend Geld im Unternehmen zu lassen, um für Krisen gerüstet zu sein - so handelt Thomas Weisser auch, wenn es um sein Familienunter- nehmen geht. Das führt der 57-jährige gelernte Werkzeugmacher, Bürokaufmann und Handelsfachwirt seit 1996 in fünfter Genera- tion. Dazu zählt das „Haus der 1000 Uhren“ im Triberger Ortsteil Gremmelsbach, wo das Familienunternehmen wahrscheinlich seit dem Jahr 1875 ansässig ist, als sich August Weisser dort nieder- ließ. Auch drei Einzelhandelsgeschäfte in Triberg gehören dazu: das zweite „Haus der 1000 Uhren“, ein Trachten- und ein Geschäft mit wechselndem Sortiment. 25 Mitarbeiter sind zurzeit beschäftigt, im Sommer werden es wieder 30 sein. Thomas Weisser hat Triberg mit seinem riesigen Sortiment zum Mekka für Kuckucksuhrenliebhaber gemacht, ist den Weg weitergegangen, den sein Vater Lothar Weis- ser begonnen hatte, als dieser Ende der 1960er-Jahre die Uhren- produktion einstellte und auf den Handel setzte. Die Kuckucksuhren kaufen Weissers seitdem bei Herstellern aus der Region. Wenn er ein neues Projekt startet, habe er immer den „worst case“ im Blick, sagt Thomas Weisser: „Wenn das Unternehmen es nicht überleben würde, falls es total schiefgeht, dann mache ich es nicht. Wenn es nur extrem schmerzen würde, dann bin ich bereit zu sprin- gen.“ Gesprungen ist er schon öfters. Meist erfolgreich, aber immer wieder habe er auch Blessuren davongetragen. Ereignisse in den USA trafen ihn in kurzer Zeit gleich zweimal: Als nach dem 11. Sep- tember 2001 die US-amerikanischen Besucher, mit denen er zuvor sein Hauptgeschäft gemacht hatte, schlagartig ausblieben, musste Weisser die Mitarbeiterzahl von 40 auf 13 reduzieren, die Geschäfte stabilisieren, sich neue Kunden erschließen. Damals hatte er den Entschluss gefasst: „Wenn der Markt nicht zu uns kommt, gehen wir zum Markt.“ Das macht er bis heute so. 2002 eröffnete Weisser ein Geschäft in den USA – in Missouri, wo er in den 1980er-Jahren sechs Monate gelebt, gearbeitet, seine Frau kennengelernt hatte („Diese Zeit war lebensprägend“) und noch über Kontakte verfügte. Der La- den lief gut – bis zur Lehmann-Brothers-Pleite und der darauf folgen- den weltweiten Finanzkrise 2008/09. Wieder brachen die Geschäfte über Nacht zusammen. Letztlich schloss Thomas Weisser den La- den, kam aber mit einem blauen Auge davon und betreibt weiterhin ein Service- und Verteilerzentrum in den USA. Seit 2011 laufen die Geschäfte der Weisser GmbH gut und stabil. Die Kunden kommen heute aus über 60 Ländern, keine Einzelmärkte dominieren. Seine Mitarbeiter stammen aus neun Ländern und sprechen insgesamt 13 Sprachen. Seit einigen Jahren setzt Thomas Weisser auf Asien und die wachsende asiatische Mittelschicht, die verstärkt reist. Erst im Oktober besuchte er mit einer deutschen Delegation, der auch Vertreter von Fluglinien und Hotelketten angehörten, mehrere süd- ostasiatische Länder und warb bei örtlichen Reiseveranstaltern für Triberg. Thomas Weisser ist weltoffen und heimatverbunden zugleich. Seit über 25 Jahren ist er Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Gremmelsbach – weil es ihm Spaß macht und wichtig ist, sich in seinem Heimatort zu engagieren. Im Handelsausschuss der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, dessen Vorsitzender er ist (zudem ist er IHK-Vollversammlungsmitglied), geht es ihm darum, Einzelhändler dafür zu sensibilisieren, sich online zu prä- sentieren. „Es bringt nichts, sich dieser Entwicklung ent- gegenzustellen. Wer online nicht präsent ist, wird nicht wahrgenommen“, sagt er. Weissers Ziel ist es, eine digitale Lehrwerkstatt nach Villingen-Schwenningen zu holen. Das Haus der 1000 Uhren verfügt seit vielen Jahren über einen Webshop, in dem Kunden aus rund 80 Ländern einkaufen und mit dem die Weisser GmbH einen „nennenswerten Anteil“ ihres Umsatzes macht. Zahlen nennt Weisser prinzipiell keine. Seine neueste Idee ist eine Virtual-Reality-App für die Präsentation der Kuckucksuhren im Webshop. Weisser ist überzeugt: „Innovation und Tradition geht sehr wohl.“ Ein weiteres neues Projekt ist das Kuckucksland Schwarzwald in Gremmelsbach. Das sei aber noch nicht spruchreif, daher möchte er darüber nicht reden. Inspirationen holt er sich auf seinen Reisen in die USA – Thomas und Rebecca Weisser haben zum Beispiel mal im Silicon Valley Urlaub gemacht und dabei Hightechfirmen besichtigt – und in Asien. Thomas Weisser beschreibt sich selbst als neugierig und wissbegierig. Er ist ein Ma- cher und bleibt auch diszipliniert, wenn es schwierig wird. Er sei kein emotionaler Typ und komme auch mal barsch rüber, wenn es ihm um die Sache gehe. Seine Frau sei viel emotionaler. Die arbeitet seit über 30 Jahren im Familienunternehmen mit, die beiden erwachse- nen Kinder Sarah (28) und Matthias (25) sammeln zurzeit auswärts Berufserfahrung. An Weihnachten kommen sie auf jeden Fall zusam- men. Heiligabend ist für die Familie reserviert, danach sind alle beim Triberger Weihnachtszauber im Einsatz. Das ist viel Arbeit, macht aber allen Spaß. „Und wir haben den schönsten Weihnachtsbaum“, sagt Thomas Weisser und grinst schelmisch. mae Fotos vom Haus der 1000 Uhren unter www.wirtschaft-im-suedwesten.de , Rubrik: Kopf des Monats KOPF des Monats »Innovation und Tradition geht sehr wohl«

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