Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe September '19 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

Wirtschaft im Südwesten 9 | 2019 56 Themen & TrendS IHK-Umfrage zum französischen Entsendegesetz Südbadens Wirtschaft ächzt C hristian Löffler, geschäftsführender Gesell- schafter der Firma Faller Stapler in Titisee- neustadt* berichtete, dass seine Service- mitarbeiter rund 50 mal im Jahr zu elsässischen Kunden fahren. die brauchen häufig schnelle hilfe, beispielsweise wenn ein hydraulikschlauch an einem Stapler undicht wird und dadurch Betriebsabläufe ins Stocken geraten. der Servicemitarbeiter kann aber erst losfahren, wenn nach circa einstündiger Arbeit bei Faller alle nötigen daten in das französische On- linemeldeportal Sipsi eingegeben sind und ein franzö- sischsprachiger Vertreter benannt ist (das kann auch der Kunde selbst sein). der monteur nimmt dann eine Kopie seines Arbeitsvertrags (auf Französisch), ein jährlich zu erneuerndes Gesundheitszeugnis eben- falls auf Französisch und die (eU-weit nötige) soge- nannte A1-Bescheinigung zum nachweis der Sozial- versicherungen auf seine Fahrt mit. Für jede einzelne Fahrt muss das ganze Verfahren wiederholt werden, selbst wenn immer derselbe mitarbeiter unterwegs ist. So ist es auch bei der Lahrer Firma Schwarzwald eisen, deren Geschäftsführer IhK-Präsident Steffen Auer ist. Seine Frau Tanja Bohner-Auer, die ebenfalls im Unternehmen tätig ist, erläuterte, dass circa fünf Fahrten pro Tag von Lahr aus ins elsass abgehen, also fünf Stunden Arbeitszeit im Büro dafür – meist am Vorabend - aufgewendet werden müssen. Fällt ein Fahrer aus, muss der Vorgang für den ihn erset- zenden mitarbeiter wiederholt werden.die Strafen, wenn die entsandten die entsprechenden Papiere bei Kontrollen durch die französische Arbeitsinspektion an der Grenze oder beim Kunden nicht dabei haben, können laut Steffen Auer empfindlich sein: bis zu 4.000 euro pro fehlendem Papier. es können also hohe Summen zusammenkommen. diese zwei Beispiele stehen für viele vor allem klei- ne bis mittelständische Unternehmen mit bis zu 250 mitarbeitern aus den Bereichen Industrie, dienstleis- tung, handwerk, die regelmäßig nach Frankreich fah- ren. dabei führen die meisten (63 Prozent) Arbeiten und reparaturen bei französischen Kunden durch. Kundenbesuche und Warenlieferungen sind dagegen weniger häufig (siehe Grafik). Zu Problemen kommt es bei den deutschen Betrieben an erster Stelle bei der Übersetzung deutscher dokumente ins Französische, fast ebenso häufig nennen die Firmen die einstellung der nötigen daten ins französische Online-meldeportal Sipsi. die Folgen sind jetzt schon deutlich: 13 Prozent der antwortenden Unternehmen haben ihr Frankreich- geschäft eingestellt und fast ein Viertel der Firmen, die nur wenige mitarbeiterentsendungen pro Jahr durch- führen, wollen künftig keine mitarbeiter mehr nach Frankreich schicken. nicht nur deutsche, sondern auch französische Un- ternehmen werden durch das entsendegesetz (nach dem französischen Präsidenten, der beim Inkrafttreten des Gesetzes Wirtschaftsminister war, „Loi macron“ genannt) ausgebremst. So berichtete Pascale mollet- Piffert, Leiterin des Geschäftsbe- reich International bei der IhK, von einem Sägewerk im elsass, das die Arbeit einstellte, weil die Wartungs- und reparaturleistungen durch den deutschen dienstleister nicht mehr erbracht wurden und kein franzö- sisches Unternehmen sich dazu in der Lage zeigte. Und ein weiteres Beispiel aus dem handwerk: Kleine deutsche Ofenbauer beendeten ihr Frankreich-Geschäft - dort gibt es aber weder den Beruf noch diese Tätigkeit, sodass diese Leistung künftig im nachbarland nicht mehr angeboten werden kann. Was würde nun helfen? Auf diese Frage antworteten die meisten Befragten (350 von 425), dass es keine meldepflicht bei kurzfristi- Die Formalitäten, die deutsche Unternehmen zu erledigen und einzuhalten haben, wenn sie Mitarbeiter auch nur für Stunden zum Erledigen von Arbeiten nach Frankreich senden, sorgen für Aufwand und Ärger. Das hat eine breit gestreute Umfrage der IHK Südlicher Oberrhein ergeben, an der sich 425 Unternehmen beteiligt haben. Die Ergebnisse stellte Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, Anfang August bei einer Pressekonferenz vor. Die Übersetzung deutscher Dokumente ins Französisch (medizinisches Attest, Lohn- und Stundenzettel, Arbeitsverträge) 0 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 50 100 150 200 250 300 Daten in SIPSI (Zeit- und Arbeitsauf- wand) Die Bereitstellung eines französisch- sprachigen Vertreters (Suche, Kosten) Die Weitergabe von datenschutz- relevanten Informationen an Dritte Die Beantrageung der Carte BTP im Bereich Bau (Kosten und Aufwand) Besondere Schwierigkeiten bei Entsendeformalitäten Ausgeübte Tätigkeiten Wir fahren Gäste nach Frankreich und/oder nehmen Passagiere in Frankreich auf Wir liefern Waren nach Frankreich oder holen Waren in Frankreich ab Wir besuchen Kunden/Lieferanten in Frankreich Wir führen Arbeiten/ Reparaturen in Frankreich durch Veranstaltung „Update Mitarbeiterentsendung Frankreich“: 8. Oktober (9-13 Uhr), IHK in Lahr Frédéric Carrière 07821 2703-650 frederic.carriere@ freiburg.ihk.de * (siehe auch Seite 48)

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