Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli/August '19 -Schwarzwald-Baar-Heuberg

7+8 | 2019 Wirtschaft im Südwesten 29 der Buchung einer Pauschalreise oder bei der Vermittlung von verbundenen Reiseleistungen an den Kunden übergeben werden müssen“, sagt Daniela Oklmann, IHK-Branchenexpertin für Tou- rismus. Durch den Ausdruck der zusätzlichen Formblätter und die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrung der Unterlagen erhöhe sich beispielsweise der zeitliche Aufwand: „Dadurch entstehen auch langfristig Kosten, an die man im ersten Moment nicht denkt“, so die IHK-Expertin. Viele Betriebe beschreiben schon jetzt die Richtlinie als dringend verbesserungswürdig. Die Handhabung der neuen Informations- pflichten und damit auch Formularpflichten ist für viele Betriebe nicht verständlich und in der Praxis nicht umsetzbar. Dieser Wunsch nach Entbürokratisierung wurde zuletzt von der IHK in einem politischen Austausch direkt an Thomas Bareiß, Par- lamentarischer Staatssekretär und Tourismusbeauftragter der Bun- desregierung, herangetragen. Er sagte den anwesenden Unterneh- mensvertretern zu, die vorgebrachten Anregungen aufzunehmen und sich bei der für 2020 geplanten Evaluierung der Richtlinie für Verbesserungen aktiv einzusetzen. Es gibt auch Verbesserungen Durch die Richtlinie finden beispielsweise Anbieter von Tagesrei- sen eine deutliche Erleichterung. Diese fallen mit Umsetzung der Änderungen nicht mehr unter das Reiserecht, sofern sie ohne Über- nachtung und weniger als 24 Stunden andauern. Der Reisepreis darf aber 500 Euro nicht übersteigen. Was sich durch Umsetzung der Reiserichtlinie zunächst als große Hürde anbahnte, ist nunmehr Routine in der täglichen Praxis. IHK-Rechtsreferentin Carmen Herz- berg mahnt dennoch zur Vorsicht: „Die Informationspflichten sind gesetzlich verankert. Ein Verstoß führt zu teils hohen Haftungssum- men.“ Sie rät den Unternehmen dazu, die vertiefte Beratung nicht schleifen zu lassen: „Der Umgang mit Einzelleistungen ist immer noch nicht einheitlich geregelt und führt zu vielen Unsicherheiten“, so Herzberg. Weitere Informationen und Merkblätter sind abrufbar auf der IHK-Internetseite (Branche Tourismus, Dokumenten Nr. 3955812) IHK-Ansprechpartnerinnen: Daniela Oklmann, Tourismus | Gastgewerbe und Freizeitwirtschaft, 07721 922-136, oklmann@vs.ihk.de Ass. iur. Carmen Herzberg, Recht | Steuern, 07721 922-142, herzberg@vs.ihk.de NACHGEFRAGT bei Rechtsanwalt Rainer Noll, vormals Seniorpartner der Kanzlei Noll, Hütten und Dukic Rechtsanwälte Stuttgart Herr Noll, die Einführung des Pauschalreiserechts jährt sich zum 1. Juli. Welche Probleme beschäftigt die Branche Reise- veranstalter/Reisevermittler seither? Rainer Noll: Die Übermittlung der gesetzlich vorgeschriebe- nen vorvertraglichen Informationen bei der Pauschalreise be- reitet noch erhebliche Probleme. Vor allem Zeitpunkt, Form und Dokumentation der Übergabe der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Informationsblätter. Auch die Abgrenzung der Vermittlungstätigkeit von der Veranstaltertätigkeit bereitet vielen Marktteilnehmern noch Schwierigkeiten. Worauf sollten die Unternehmen besonders achten? Rainer Noll: Die durch das neue Recht notwendig gewordene Überarbeitung von Geschäftsbedingungen und Buchungsformu- laren ist nach meiner Feststellung in vielen Betrieben noch nicht umgesetzt worden. Das ist rechtlich und wirtschaftlich erheblich nachteilig. Durch das neue Recht unwirksam gewordene Klau- seln nützen nicht nur im außergerichtlichen oder gerichtlichen Streitfalle nichts, sie können auch von Wettbewerbsorganisatio- nen und Verbraucherschutzorganisationen abgemahnt werden. Mit derartigen Abmahnungen muss derzeit verstärkt gerechnet werden. In welchen Punkten sollte aus Ihrer Sicht noch dringend seitens der Politik nachgebessert werden? Rainer Noll: Das neue Reiserecht ist aus Sicht vieler Fachleute, sowohl aus Sicht der Anbieter als auch aus Sicht der Verbrau- cher, sehr schwierig zu verstehen und umzusetzen und letztlich ziemlich verunglückt. Vorläufig muss die Branche mit dem der- zeitigen Zustand leben. Interview: Daniela Oklmann

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