Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe April'19 - Schwarzwald-Baar-Heuberg
8 4 | 2019 TITEL Jahrzehnten auf hohem Niveau. So freute sich beispiels- weise die Familie Keller in diesem Jahr darüber, dass ihr „Schwarzer Adler“ in Oberbergen im Kaiserstuhl zum 50. Mal in Folge einen Michelinstern erhielt. Gleichzeitig gibt es eine stattliche Zahl von Restaurants im mittleren Preissegment, die vieles richtig machen. Sie setzen auf „sorgfältig zubereitete Speisen zu einem besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis“. Für die- se Häuser hat der Gastronomieführer Michelin schon vor über 20 Jahren eine Auszeichnung zusätzlich zu seinen Sternen geschaffen: den Bib Gourmand, das lächelnde Gesicht des Reifenmännchens. Kenner wie Hangleiter, Stetter und Ludin sehen ihn als besonders wertvolle Würdigung. Auch weil der Michelin kompe- tent und unabhänig wertet, was für die wachsende Zahl von Onlinekritiken nicht immer gilt. „Der Markt wird enger“, sagt Hangleiter. „Billige Anbieter wird es immer geben, teure auch, aber in der Mitte muss man die USPs herausarbeiten.“ Zum vierten Mal brachte der Michelin den Bib Gourmand als eigenes Buch heraus (siehe rechts). 424 Adressen umfasst die Ausgabe 2019 bundesweit, 139 davon in Baden-Württemberg und 61 im Regierungsbezirk Freiburg. Sieben Restaurants in der Region haben die Auszeichnung das erste Mal erhalten. Drei von ihnen stellen wir hier vor. M anuel Häringer kann sich mit dem Bib Gour- mand sehr gut identifizieren. „Weil das die Art von Küche ist, die gut bei den Gästen an- kommt.“ Nicht abgehoben, mit frischen Zutaten, ordent- lich zubereitet – genau das, was der Chef des Elzacher Restaurants Rössle seit jeher macht. „Es ist nicht schwer, ein Sternemenü zu kochen. Viel schwieriger ist es, etwas Tolles zuzubereiten, was sich jeder leisten kann, auch mit der ganzen Familie“, sagt Häringer. Ba- disch, aber nicht dogmatisch: So beschreibt der Koch sein Konzept. Er hat das 1877 gegründete Gasthaus 2003 von seinen Eltern übernommen und führt es zu- sammen mit seiner Frau Kristin in vierter Generation. 85 Plätze bietet das Rössle, bei Veranstaltungen auch bis zu 120. Das Restaurant ist der Hauptumsatzbringer, daneben hat das Rössle zwei weitere Standbeine: eine Kochschule und seit knapp einem Jahr ein Hotel, für dessen Neubau Häringer rund 1,5 Millionen Euro inves- tiert hat. Die neun Doppel- und zwei Einzelzimmer seien ein „Katalysator fürs Restaurant“, sagt Häringer, zumal die Verbindung von schönem Essen mit gutem Wein im Rössle großgeschrieben wird. Und auch die Kochkurs- teilnehmer, die zum Teil noch keine Restaurantgäste wa- ren, werden es später meist. „Die Kundenbindung beim Kochkurs ist sehr intensiv: Da duzt man sich, verbringt einen tollen Abend, lernt ’was.“ Ab April bietet Häringer auch Grillkurse an. Das Marketing, das der umtriebige Wirt verfolgt, schlägt sich in seinen Zahlen nieder: Seit er das Rössle übernommen hat, steigen die Erlöse. In den zurück- liegenden drei Jahren sogar im deutlich zweistelligen Prozentbereich. Häringer denkt schon an die nächste Generation, wenngleich seine Kinder erst drei und neun Jahre alt sind. „Wir wollen mal einen solventen Betrieb übergeben, keine Ruine.“ Auch um seine rund 20 Mitarbeiter, darunter 5 Azubis, kümmert der Chef sich fürsorglich und freundlich. Fachkräftemangel ist deshalb im Rössle kein Thema. Damit das so bleibt, hat Häringer kürzlich die Arbeitszeiten geändert. Die Kö- che arbeiten jetzt an vier Tagen länger und haben dafür drei Tage pro Woche frei. Das kommt beim Team gut an. Der frühere Arbeitsbeginn entspannt die Vorbereitung, und der Krankenstand hat sich deutlich verringert. D ie Eier liefert der Großcousin, Kartoffeln und Salat die Tante, der Wein kommt vom befreun- deten Winzer. Beim Rührberger Hof im Ortsteil Rührberg der Gemeinde Grenzach-Wyhlen spielt Re- Bild: BillionPhotos.com - Fotolia »In der Mitte muss man die USPs heraus- arbeiten« Alexander Hangleiter Geschäftsführer Dehoga Freiburg
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