Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe März'19 - Schwarzwald-Baar-Heuberg

3 | 2019 Wirtschaft im Südwesten 47 weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt. Dieses ermöglicht eine sehr hohe Ausbeute. Gleichzeitig verringert das Verfahren den Was- serverbrauch im Vergleich zu den bisher eingesetzten Technologien um rund die Hälfte, so erläutert ACISA-Chef Wolfgang Schmutz. Darüber hinaus werden 20 bis 30 Prozent des Energiebedarfs der Anlage mithilfe eines eigenen Photovoltaikraftwerks, das in der Nachbarschaft gebaut wird, gedeckt. Durch die neue Anlage werden in Bolivien rund tausend direkte qualifizierte Arbeitsstellen sowie 10.000 indirekte Arbeitsplätze entstehen. Für die Bolivianer sehr wichtig ist der Know-how-Transfer von ACISA in Richtung ihres Landes. Dazu zählt, dass es eine Partnerschaft geben wird, um Boli- vianer auszubilden. Vorgesehen ist auch eine soziale Stiftung, in die Teile der gemeinsam erwirtschafteten Gewinne fließen sollen, um junge Menschen in Bolivien über eine Art duales Ausbildungssystem auszubilden. Die Finanzierung des Projekts, das ein Investitionsvo- lumen von circa 300 Millionen Euro erfordert, dürfte laut Schmutz kein Problem sein, es gibt eine ganze Reihe potenzieller Investoren, die sich von dem „weißen Gold“ gewinnbringende Perspektiven erwarten. Die Nachbarn Boliviens wie Chile und Argentinien sind bereits zusammen mit Global Playern in der Produktion von Lithium sehr erfolgreich. Warum ACISA? Was aber hat Bolivien veranlasst, sich einen im Verhältnis zu den Glo- bal Playern so kleinen Partner wie ACISA auszusuchen? Nach dem bei ACISA umfangreich versammelten Know-how und seinem Transfer sind es typisch deutsche Tugenden wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit und die Bereitschaft, die bolivianische Bevölkerung teilhaben zu lassen. Darüber hinaus haben die Bolivianer mit einer ACISA-Schwesterfirma bereits gute Erfahrungen gemacht. Vor drei Jahren hatte sich das Land nach einem Besuch des Staatspräsidenten Evo Morales in Berlin mit der Bitte um Unterstützung beim Aufbau von Anlagen für regenerative Energien auch an Wolfgang Schmutz gewandt, der einer der Photovoltaikpioniere in Deutschland ist. Bo- livien wollte eine Photovoltaikindustrie aufbauen. Schmutz hat dafür ein Projekt entwickelt, das letztlich aber nicht umgesetzt wurde, weil dann die Lithiumgewinnung wichtiger wurde. Und schließlich ist der ACISA-Projektleiter in Bolivien, Stefan Kosel, mit einer Bolivianerin verheiratet und in dem Andenland bestens vernetzt. Wer hinter ACISA steht Spiritus Rektor und treibende Kraft hinter dem Projekt auf deutscher Seite ist Wolfgang Schmutz (64). Der promovierte Maschinenbau- ingenieur und Honorarprofessor an der Universität Erlangen/Nürn- berg, hat seine berufliche Laufbahn 1980 am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart begonnen. 1990 machte er sich mit der Firma ACR Automation in Cleanroom GmbH selbstständig. Im Jahr 2004 begann er dann, die Firmen- gruppe ACI (Advanced Clean Innnovations) aufzubauen. Die Gruppe besteht heute aus vier Gesellschaften und beschäftigt am Hauptsitz in Zimmern ob Rottweil und einer Dependance in Ditzingen bei Stutt- gart 150 Mitarbeiter. Schmutz ist einer der deutschen Wegbereiter in der Mikroelektronik mit revolutionären Reinraumkonzepten, sorgte dann in der Photovoltaik mit neuen Verschaltungstechnologien für Aufsehen, die in großtechnischen Produktionen von Solarmodulen Anwendung finden. Seit drei Jahren konzentriert er sich auf die Batterieproduktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Rohstoff Lithium bis hin zu Fertigungsanlagen für Batteriesys- teme. Das Branchenspektrum der Kunden der Firmengruppe ist sehr vielfältig. Es umfasst die Automobil- und Zulieferindustrie, die Energie-, Elektronik- und Halbleiterindustrie, den Maschinenbau, die Medizin- , Mikro- und Feinwerktechnik sowie die optische Industrie und die Luft- und Raumfahrtindustrie. Für das Projekt in Bolivien hat Schmutz die ACI Systems Alemania GmbH (ACISA) gegründet. Die Firma beschäftigt 20 eigene Mitar- beiter und 20 Freiberufler. Der Startschuss für die Anlage am Salar de Uyuni soll im Herbst 2019 mit der Grundsteinlegung erfolgen. Die Produktionseinrichtungen werden zu 90 Prozent in Deutsch- land, Österreich und der Schweiz gebaut und dann in Bolivien zu- sammengesetzt. Beginn der Herstellung von Lithiumhydroxid ist zum Jahreswechsel 2021/22 geplant. Auch ist ein weiterer Ausbau der Kapazität vorgesehen. Die jetzt ins Auge gefassten 35.000 bis 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid-Pulver reichen beispielsweise aus, um 800.000 Autobatterien zu bauen. upl Der Salar de Uyuni (links oben), mit über 10.000 Quadratkilometern die größte Salzpfanne der Erde, liegt in Bolivien auf über 3.600 Meter Höhe und enthält eines der bedeutendsten Lithiumvorkommen weltweit. Bild rechts: ACISA- Chef Wolfgang Schmutz (links) und YLB-Ge- schäftsführer Juan Carlos Montenegro (rechts) bei der Vertragsunterzeichnung in Berlin zusam- men mit bolivianischen Ministern, Bundes- wirtschaftsminister Peter Altmeier (dritter von rechts) und Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Unten: Wolfgang Schmutz (links) mit Thomas Albiez, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg.

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