Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Dezember'18 - Südlicher Oberrhein

12 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 9 Großhandelsfachforum zur Zukunft des Außendienstes bei Alexander Bürkle in Freiburg Über Apps, Software und anderen Zusatznutzen K abeltrommel an Kabeltrommel im einen, Waschmaschine über Waschmaschine im anderen Lager – mit einem Rundgang durch das insgesamt 35.000 Quadratmeter große Lager der Alexander Bürkle GmbH & Co. KG startete das Fachforum „Digitale Vertriebs- wege und die Zukunft des Außendienstes“. Zu diesem waren Mitte November auf Einladung der baden-württembergischen IHKs und des Verbands „großhandel-bw“, unterstützt vom Wirtschaftsmi- nisterium, 95 Unternehmensvertreter zu dem Freiburger Elektro- großhändler gekommen. Dieser beschäftigt rund 800 Mitarbeiter an 22 Standorten. Seine Kunden sind vor allem Elektro- und Sani- tärinstallateure, Industrieunternehmen sowie Facheinzelhändler. „Großhandel war gestern“, sagte Alexander-Bürkle-Geschäftsführer Frank Schoberer. „Heute befähigen wir unsere Kunden, ihr Geschäft besser zu machen.“ Wie dies in verschiedenen Unternehmen funktioniert und welche Auswirkung es jeweils auf den Außendienst hat oder haben kann, darum ging es in verschiedenen Runden. Ulrich Gutting, Präsident des Großhandelsverbandes und Mineralölgroßhändler, hob den Zusatz- nutzen hervor, den jeder Großhändler bieten müsse – „daher ist der Außendienst unerlässlich“. Die Kunden würden aber nicht mehr wollen, dass die Außendienstmitarbeiter wie früher alle zwei Wochen vor Ort sind, gab Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein und Geschäftsführer des Großhändlers Schwarzwald-Eisen, zu bedenken. Zweimal pro Jahr würde dem Kunden genügen. „Dann erwartet er aber eine zweistündige Spezialdiskussion“, sagte Auer. Ein Außendienstler müsse daher heute andere Kompetenzen mitbringen. Die Thesen von Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Han- delsforschung (IFH) in Köln: Die Innovationsgeschwindigkeit werde immer schneller, daher müsse die Organisation des Unternehmens agil sein. „Der Mut, das eigene Geschäft zu kannibalisieren, sichert die Zukunft“, sagte er und nannte Kodak und Quelle, die den Einstieg in die Digitalisierung verpassten und Insolvenz anmelden mussten, als Negativbeispiele. Wesentlich sind für ihn heutzutage Datenkompe- tenz, Denken aus Sicht des Endkundens und Service. Der Unterneh- mer müsse sich immer fragen: „Wo kann ich meinem Kunden einen Mehrwert bieten, den andere wie Amazon nicht bieten können?“ Beispiele ihres Mehrwertes für die Kunden gaben verschiedene Fir- menvertreter: Ralf Glink stellte die Lösung „Terminal“ von Alexander Bürkle vor. Sie ist eine Planungssoftware fürs Smarthome, die der Elektrogroßhändler in Zusammenarbeit mit einem Softwarehaus entwickelt hat und mit der Elektroinstallateure die gesamte smarte Haustechnik eines Gebäudes einfach und schnell am Bildschirm planen können. Etwa eine halbe Million Euro investierte das Unter- nehmen in der vierjährigen Planungs- und Probezeit und betrat damit neues Terrain. Mitarbeiter mit für das Unternehmen neuen Qualifi- kationen seien eingestellt und bestehende weitergebildet worden. Inzwischen kann Alexander Bürkle über 2.700 Nutzer vorweisen, die mit Terminal knapp 16.000 Projekte realisiert haben. Max Bremer von der Adolf Würth GmbH & Co. KG sagte: „Das Hand- werk ist digitaler als wir denken.“ Es habe aber nicht die Zeit, sich mit digitalen Prozessen zu beschäftigen – „wir müssen den Schritt auf unsere Kunden zugehen“, so Bremer. Er berichtete davon, wie Würth Regalsysteme in den Montagefahrzeugen seiner Kunden ein- richtet, sie mit optischen Sensoren bestückt. Die prüfen, was fehlt und senden automatisch Bestellungen an eine Würth-Niederlassung. Ein Dienstleister liefert die Waren an die Monteure. Doch wie kom- men diese nach Feierabend ins Montageauto? Das Problem konnte man bei Würth nicht lösen – und begann schließlich, mit einem Au- tohersteller zusammenzuarbeiten. Zurzeit läuft die Pilotphase. Der Lerneffekt sei gewesen, sich Partner zu suchen, sagte Bremer. Als potenzieller Partner für Firmen präsentierte sich Frederic Sell vom Start-up Pitchview. Er wies auf die Bedeutung des persönlichen Kontakts in Zeiten der Digitalisierung hin und nannte den Messe- aufritt als effizientestes Mittel zur Kontaktpflege mit Kunden und präsentierte die App, die sein Unternehmen dafür entwickelt hat. Wie wichtig nach wie vor der persönliche Kontakt der Außendienst- mitarbeiter mit den Kunden ist, betonte auch Daniel Werth von der Beyerbach GmbH (siehe linke Seite). Die Digitalisierung sei ein Hilfs- mittel, nicht die Lösung. „Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht.“ Ein Tenor der Veranstaltung: Wie sich ein Unternehmen ändern muss, hängt vom Kunden ab. Und wann? Kai Hudetz sagte: „Der richtige Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt.“ mae Bild: Uli Regenscheit Fotografie Diskutierten beim Großhandelsfachforum in Freiburg: Frederic Sell (Pitchview), Ralf Glink (Alexander Bürk- le), Daniel Werth (Bey- erbach), Max Bremer (Würth) und Steffen Auer (Schwarzwald- Eisen sowie Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, von links).

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