Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juli'18 - Südlicher Oberrhein

7+8 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 7 titel Nachfolge im Mittelstand Das Lebenswerk sichern I m Regierungsbezirk Freiburg, der deckungs- gleich mit den IHK-Bezirken Hochrhein-Bodensee, Schwarzwald-Baar-Heuberg und Südlicher Ober- rhein ist, gab es im Sommer 2017 circa 12.500 meist inhabergeführte mittelständische Unternehmen mit ei- nem Umsatz zwischen einer Viertel- und fünf Millionen Euro. Bei 5.200 oder 42 Prozent von ihnen ist der Chef 55 Jahre oder älter, muss also an sein eigenes Aufhören und die Nachfolgeregelung denken. Diese Zahlen hat die Beratungsgruppe K.E.R.N (die Nachfolgespezialisten), ein Zusammenschluss von 20 Beratern, in einer alle IHK-Bezirke erfassenden Untersuchung bundesweit er- hoben. Einer der beteiligten Berater ist Karl Rehfuß von K.E.R.N in Stuttgart, der bei der Veranstaltung in Titisee referierte. Die Brisanz des Themas machte Rehfuß mit einer Vorschau auf das Jahr 2022 deutlich: Der Anteil übergabebetroffener Firmen steigt bis dahin nämlich auf 63 Prozent oder 7.700 von circa 12.500 Firmen (siehe Grafik Seite 8). Davon sind an die 37.000 Arbeitsplätze im Regierungsbezirk betroffen, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung. Die familieninterne Lösung dominiert Was passiert derzeit mit Unternehmen, deren Chef in Ruhestand geht oder gehen will? Rehfuß führte aus, dass zehn Prozent stillgelegt werden, weitere zehn Prozent in ein Management-Buy-out und 16,5 Pro- zent in ein Management-Buy-in münden, 21 Prozent verkauft und 44 Prozent in der Familie weitergeführt werden. Der Familienanteil steigt im Übrigen wieder, obwohl es „kein Mangel ist, wenn nicht in der Familie übergeben werden kann“, betonte Rehfuß. Nun ist jede Übernahme ein Einzelfall, und was sich bei der einen als erfolgreich herausstellt, muss für die andere nicht unbedingt gelten. Es gibt also nicht prinzipiell richtig oder falsch, dennoch sind einige Strategien oder Handlungsempfehlungen für das Finden eines geeigneten Nachfolgers erfolgversprechend. Dazu gehört an vorderer Stelle, einen realistischen Wert zu finden, es gilt ein Firmenexposé sowie ein kurzes Unternehmensprofil zu erstellen. Dieses Profil sollte sowohl auf Nachfolgebörsen als auch in entsprechen- den Netzwerken platziert werden. Ist ein Interessent gefunden – das kann auch ein Familyoffice oder ein anderes Unternehmen sein, das kleine erfolgreiche Nischenfirmen kauft, unter Umständen sogar mehrere – ist eine Vertraulichkeitserklärung nötig und natürlich der Kaufvertrag. Dabei ist ein professioneller Beglei- ter ratsam (Rehfuß: „Sonst klappt’s fast nie“), der auch als Vermittler fungiert. Denn Nachfolge ist ein hochemotionales Thema und scheitert häufig an Klei- nigkeiten und Missverständnissen im persönlichen Umgang von Abgebenden und Interessenten. Wichtig für den Senior während des Übernahmeprozesses: un- ternehmerisch am Ball bleiben, die Mitarbeiter nicht verschrecken, gleichzeitig die Übergabefähigkeit her- stellen, delegieren und loslassen können. Wesentlich ist die frühzeitige Nachfolgeplanung, beginnend mit Immer mehr Chefs kleinerer und mittlerer Unternehmen nähern sich der Alters- grenze und müssen eine Nachfolgeregelung treffen. Die IHKs im Südwesten befas- sen sich seit vielen Jahren mit diesem Thema und beraten Unternehmer – nicht nur in Einzelgesprächen, sondern auch mithilfe von Veranstaltungen wie dem Sym- posium zur „Unternehmensnachfolge im ländlichen Raum“ Anfang Juni in Titisee. Fiel vor zehn oder zwanzig Jahren noch manche derartige Veranstaltung mangels Nachfrage aus, so kamen dieses Mal 140 Interessenten, die meisten davon in fort- geschrittenem Alter.

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