Wirtschaft im Südwesten - Ausgabe Juni'18 - Hochrhein-Bodensee

6 | 2018 Wirtschaft im Südwesten 7 TITEL W elchen Stellenwert Pferde in den Herzen und Geldbeuteln vieler Menschen einnehmen, lässt sich alle zwei Jahre in Offenburg beobachten. Ende Juli verwandelt sich das dor- tige knapp 18 Hektar große Messegelände wieder in eine der größ- ten Reitveranstaltungen der Republik. Vom 25. bis 29. Juli findet die Eurocheval , die Europamesse des Pferdes, statt. Fünf Tage dauert das Großereignis, ein Vielfaches davon die Vorbereitung. Mit rund 340 Tonnen Sand sowie schätzungsweise1.300 Ballen Heu und Stroh bauen die Messemitarbeiter und ihre Dienstleister in den Hallen und auf dem Außengelände Reitarenen und Ställe. Auf der bisherigen Rasenfläche im westlichen Teil des Geländes gibt es dieses Jahr erstmals einen großen Sandring, den die Messe als Dauerinstallation fertigen ließ. Der „Terratex-Ring“, benannt nach dem auf Reitböden spezialisierten Sponsor aus der Ortenau (mehr zu Terratex auf Seite 9), misst 2.450 Quadratmeter und ist damit deutlich größer als die anderen vier Rin- ge. Er wird der Schauplatz für die neue „Prenight“ am Vorabend der Eurocheval und für die Gala am Samstagabend sowie für die tägliche Topshow. Um den neuen Ring bauen zu können, musste das Gelände planiert und auf Niveau gebracht werden, berichtet Messechefin Sand- ra Kircher. Das Investitionsvolumen verrät sie nicht, ebenso wenig das Budget der Eurocheval. Nur so viel: Sie zählt zusammen mit der „Forst live“ und der Oberrheinmesse zu den bedeutendsten Veranstaltungen der Messe Offenburg. Seit 1976 findet sie alle zwei Jahre statt mit mittlerweile über 400 Ausstellern, etwa ein Drittel davon aus dem Ausland. Züchter, Hersteller, Händler und Dienstleister bauen hier ihre Stände auf. Das Angebot reicht von Reitbahn- und Stalltechnik über Pferdepflege und -futter bis zu Mode. Reiten ist ein aufwendiger Sport. Es braucht nicht nur die Ausstattung fürs Tier, sondern auch für den Mensch von Kopf bis Fuß beziehungsweise von Helm bis Stiefel. Wer täglich im Sattel sitzt, hat diverse Outfits im Schrank hängen, zumal die verschiedenen Disziplinen im Reitsport unterschiedliche Kleidung erfordern. All das gibt es auf der Eurocheval. Sie ist eine Publikums- und Verkaufsmesse. Auch dieses Jahr rechnet man wieder mit über 40.000 Besuchern. Einige von ihnen machen sich bereits Wochen vor der Veranstaltung auf den Weg. Rund 150 Wanderreiter kommen beim Sternritt aus allen Himmelsrichtungen zur Eurocheval. Ihre Pferde sowie die Tiere der Aussteller und Showgäste verbringen die Messetage und -nächte auf dem Gelände. Insgesamt über 400 Vierbeiner erwartet die Messeleitung. Autobahnnähe und Wiedererkennung Einer der Initiatoren der Eurocheval war Heinrich Schmeckenbecher. Der frühere Inhaber der Krämer Pferdesport GmbH & Co. KG setzte sich zusammen mit den früheren Offenburger Messechefs Max Elble und Richard Kesel für die Gründung der Pferdemesse im Südwesten ein und war viele Jahre einer der größten Aussteller. Mittlerweile Rund 1,3 Millionen Pferde leben in Deutschland, über 100.000 in Baden-Württemberg. Ihre Bedeutung als Wirtschaftsfaktor ist beachtlich: Pferde lassen sich die Deutschen fast doppelt so viel kosten wie Hunde und Katzen. Die Ausgaben summieren sich jährlich auf rund 6,7 Milliarden Euro. In dem Markt rund ums Reiten tummeln sich ganz unterschiedliche Akteure. Einige aus der Region stellen wir hier vor. IN ZAHLEN Rund 14 Millionen Deutsche interessieren sich fürs Reiten, etwa 4 Millionen sogar ganz beson- ders. Das geht aus einer Studie der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse aus dem Jahr 2016 hervor.Tatsächlich dürften die Zahlen noch höher sein, denn es wurden nur über 14-Jähri- ge befragt.Annähernd vier Millionen Menschen bezeichnen sich der Studie zufolge als Reiter, 1,25 Millionen betreiben den Sport intensiv, da- von sind 78 Prozent Frauen. Rund 1,3 Millionen Pferde leben in Deutschland, und es gibt etwa 900.000 Pferdebesitzer. Baden-Württemberg zählt – gemessen an der Zahl der Mitglieder in Reitvereinen – zu den Pferderegionen Deutschlands. Mit 97.985 Mit- gliedern liegt das Ländle knapp hinter dem Lan- desverband Westfalen (98.636 Mitglieder) an zweiter Stelle. Die Zahl der Pferde hierzulande schätzt das Kompetenzzentrum Pferdezucht und -haltung auf 100.000 bis 120.000. Durchschnittlich knapp 1.500 Euro jährlich geben regelmäßige und Gelegenheitsreiter sowie Reit- sportunterstützer laut Zahlen des Horse Future Panels von 2016 aus. Der gesamte Umsatz der Pferdewirtschaft liegt der Deutschen Reiterli- chen Vereinigung (kurz: FN für die französische Bezeichnung Fédération Équestre Nationale) zufolge bei 6,7 Milliarden Euro pro Jahr. Davon entfallen laut einer FN-Studie etwa 2,6 Milliarden Euro auf die Pferdehaltung und rund 4,1 Milliar- den Euro auf Einzelhandel und Dienstleistungen. Durchschnittlich ergeben drei bis vier Pferde einen Arbeitsplatz. Demnach verdienen in Deutschland über 300.000 Beschäftigte ihren Lebensunterhalt direkt oder indirekt mit Pferden und Pferdesport. In Baden-Württemberg zählt das Kompetenzzen- trum 30.000 bis 40.000 Arbeitsplätze im Zusam- menhang mit Pferdehaltung. Bundesweit haben mehr als 10.000 Unternehmen und Handwerks- betriebe unmittelbar oder mittelbar das Pferd als Hauptgeschäftsgegenstand. kat Bild: georgnroll * * Laut Indus- trieverband Heimtierbe- darf waren das 2017 rund 3,6 Milliarden Euro

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