Wirtschaft im Südwesten
4 | 2018
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zept für Unternehmen gibt. entsprechend groß ist die
Unsicherheit und damit einhergehend der informati-
onsbedarf der Unternehmen.
ein weiteres Problem: „in Deutschland war das Daten-
schutzniveau im Vergleich zu anderen europäischen
ländern bereits hoch, es wurde von vielen Unterneh-
men aber nicht gelebt“, sagt Susanne tempelmeyer-
Vetter von der iHK Hochrhein-Bodensee. Die Juristin
vermutet, dass sich dies nun ändert. „eine
Motivation ist sicher, dass der Bußgeld-
rahmen für Verstöße deutlich erhöht
wurde.“ Die können das Unternehmen
hart treffen – dessen existenz dürfen
sie aber nicht gefährden. So sieht das
Gesetz bei groben Verstößen gegen
die DS-GVO Geldbußen von bis zu 20
Millionen euro oder vier Prozent des
weltweiten Vorjahresumsatzes vor.
Viele passen die Prozesse in ihrem Un-
ternehmen daher bereits seit einer Weile
an. Andere machen es erst jetzt, da die Deadline naht.
Die Website anzupassen und die Meldepflichten ein-
zuhalten, rät Markus Czogalla von der iHK Südlicher
Oberrhein Unternehmen, die sich erst kurz vor knapp
mit der Datenschutz-Grundverordnung beschäftigen.
„Das ist ein einfallstor für Abmahnanwälte“, sagt er.
Als nächsten Schritt empfiehlt er den Betrieben, ihre
Dokumente anzupassen wo es nötig ist, und als drittes,
neue Prozesse wie eine Datenschutz-Folgeabschät-
zung zu etablieren. „Auch bei gutem Willen ist es oft
schwierig, alle Regeln umzusetzen“, sagt der Jurist Ro-
bert Dorsel. Auch er befürchtet, dass Abmahnanwälte
dies ausnutzen werden.
Dass die Umsetzung der DS-GVO gerade für kleine
und mittlere Unternehmen personell und zum teil auch
finanziell eine große Herausforderung darstellen kann,
vor allem wenn sie sich noch nicht mit dem thema
beschäftigt oder externe experten dafür beauftragt
haben, darin sind sich die drei iHK-experten ei-
nig. Daher raten sie allen Unternehmen,
die noch Bedarf haben, sich bei den
iHKs zu informieren - in persönli-
chen Gesprächen, Workshops oder
auf den Websites, die bis 25. Mai
immer wieder aktualisiert werden –
und nicht jedes Formular selbst zu
erstellen, sondern Vorlagen aus dem
internet zu nutzen.
Z
u den Unternehmen, die iHK-Veranstal-
tungen zum thema besucht haben, zählt die
Marquardt Gruppe mit Hauptsitz in Rietheim-
Weilheim (siehe auch Seite 45). „Wir sind aufgrund un-
serer internationalität und Komplexität wahrscheinlich
kein Maßstab für die typischen kleinen und mittleren
Unternehmen in der Region“, sagt Jochen Schweick-
hardt, Rechtsanwalt und leiter des Bereichs Recht
und Compliance des weltweit agierenden Automobil-
zulieferers mit seinen rund 10.000 Mitarbeitern und
mehreren internationalen töchtern. Schweickhardt
sieht die neuen Vorschriften als Herausforderung und
Chance zugleich. „Unser Ziel ist es, in der gesamten
Unternehmensgruppe einen Standard beim Datenschutz
zu setzen.“ Seit Mitte 2017 kümmert sich bei Marquardt
ein dreiköpfiges team – darunter ist auch ein exter-
ner Datenschutzbeauftragter – um die Umsetzung der
Datenschutz-Grundverordnung. Zunächst sei es darum
gegangen, herauszufinden, in welchen Bereichen per-
sonenbezogene Daten verarbeitet werden und welche
datenschutzrelevanten Prozesse in den verschiedenen
Abteilungen vorhanden sind. „Wir haben zunächst eine
klassische Soll-ist-Analyse durchgeführt, auf Grundlage
dieser unsere Handlungsfelder identifiziert und einen
Projektplan bis zum 25. Mai erstellt“, berichtet Pro-
jektleiterin Angelina Fritz aus dem Bereich Recht und
Compliance. immer wieder wurden das Management so-
wie verschiedene Fachabteilungen eingebunden – zum
Beispiel Human Resources, it, Vertrieb, logistik sowie
einkauf und damit alle Abteilungen, die Daten von Be-
schäftigten und externen Ansprechpartnern verwenden.
Bei dem Familienunternehmen geht es vor allem um
die Daten der rund 6.000 Mitarbeiter an den Stand-
orten in Rietheim-Weilheim, Rumänien und Frank-
reich sowie um die Daten der Kontaktpersonen der
Geschäftspartner. „Die größte Herausforderung der
Datenschutz-Grundverordnung sehen wir in der eU-
weiten Umsetzung“, sagt Jochen Schweickhardt. Denn
in den meisten anderen europäischen ländern waren
die Datenschutzvorschriften bislang weniger streng
als in Deutschland. „Am Standort Deutschland ist das
thema Datenschutz für uns kein Neuland.“ Hier hält
sich der Mechatronikspezialist schon seit Jahren an
die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes. im
Übrigen habe die Marquardt Gruppe aufgrund ihrer
Zertifizierungen in den Bereichen Qualitäts-, Umwelt-
und energiemanagement bereits langjährige erfahrun-
gen in der Umsetzung und Dokumentation
von geschäftsübergreifenden Abläufen, so
Schweickhardt.
Dennoch gab und gibt es viel zu tun:
Bestehende Prozesse wurden bezie-
hungsweise werden angepasst – zum
Beispiel derjenige, wie Mitarbeiter auf
das Datengeheimnis verpflichtet wer-
den – und neue geschaffen; Dokumente
wurden überarbeitet und Verträge – zum
Beispiel mit Auftragsverarbeitern – werden neu
abgeschlossen. Auch das Verfahrensverzeichnis
hat man aktualisiert und in diesem Rahmen digitali-
siert. Das interne Schulungskonzept für die Mitarbeiter
zum Datenschutz wird ebenfalls noch überarbeitet.
Angelina Fritz betont mit Blick auf den Stichtag 25.
Mai: „Wichtig ist eine systematische Vorgehensweise,
dann ist die Umsetzung der Anforderungen für alle
Unternehmen machbar.“
D
ass die Unternehmen dabei gleichwohl viele Hür-
den überwinden müssen, wurde bei der Veran-
staltung „Datenschutz im Unternehmen – Gute
Gründe, klare Ziele“ zur DS-GVO in der iHK in Konstanz
IHK Hochrhein-
Bodensee:
Susanne Tempelmeyer-
Vetter, Tel. 07531
2860-156
susanne. tempelmeyer-vetter@ konstanz.ihk.deIHK Schwarzwald-
Baar-Heuberg:
Robert Dorsel,
Tel. 07721 922-139,
dorsel@vs.ihk.deIHK Südlicher
Oberrhein:
Markus
Czogalla, Tel. 0761
3858-251,
markus.czogalla@ freiburg.ihk.de