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3 | 2018

Wirtschaft im Südwesten

7

TITEL

Wirtschaftsraum Elsass

Links des Rheins

F

rankreich hat länger gebraucht, um sich von der

Finanz- und Wirtschaftskrise zu erholen, doch nun

scheint Deutschlands größter Nachbar wieder in

die Erfolgsspur zurückzukehren. Die französische Volks-

wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr um knapp zwei

Prozent, die im Elsass um knapp ein Prozent. Die elsäs-

sische Industrie- und Handelskammer CCI („Chambre

de Commerce et d‘Industrie“) befragt wie die deutschen

IHKs auch regelmäßig ihre Mitglieder, wie sie die aktu-

elle wirtschaftliche Lage einschätzen. Die sich daraus

ergebenden Indikatoren zeigen seit Anfang 2017 wieder

alle nach oben. Der Optimismus kehrt zurück.

Mit dem Rheintal und den Vogesen erscheint das Elsass

geografisch betrachtet wie ein Spiegelbild Badens. Und

tatsächlich gleichen sich die benachbarten Regionen

hinsichtlich der Bevölkerung (Elsass: 1,9 Millionen/

Regierungsbezirk Freiburg: 2,2 Millionen), ihrer Fläche

(8.220/9.357 Quadratkilometer) und ihrer Bevölke-

rungsdichte (226/236 pro Quadratkilometer). Auch

wirtschaftlich ähnelt das Elsass dem Regierungsbezirk

Freiburg mitunter mehr als dem Rest Frankreichs. Zum

Beispiel gibt es – anders als oft

angenommen wird – zwischen

Rhein und Vogesen durchaus

eine berufliche Bildung ähnlich

der deutschen. Allerdings ist

sie nicht so beliebt – knapp 80

Prozent der jungen Franzosen

machen Abitur, und die meisten

Abiturienten studieren lieber im Anschluss. Das ist

mit ein Grund für die höhere Jugendarbeitslosigkeit

links des Rheins. „Kein Markt kann so viele Akade-

miker absorbieren“, sagt Jürgen Oser, der die Stabs-

stelle für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im

Regierungspräsidium Freiburg leitet und ein großer

Frankreichkenner ist – nicht zuletzt wegen seiner

französischen Frau. Präsident Emmanuel Macron will

deshalb in die berufliche Bildung investieren, berichtet

Oser. Von 17 Milliarden Euro ist die Rede.

Insbesondere im Elsass wären die Voraussetzungen für

Auszubildende gut, weil die Wirtschaft eher mittelstän-

disch geprägt und – trotz der Turbulenzen infolge der

Finanzkrise – insgesamt stabil ist. „Die Elsässer sind

Bunte Fachwerkhäuser, hübsche Dörfer und natürlich Wein prägen unser Bild vom

Elsass. Doch die Region zwischen Mulhouse und Straßburg ist auch ein wichtiger

Wirtschaftsraum, der nach Paris an zweiter Stelle in Frankreich rangiert. Struktur-

schwäche und Arbeitslosigkeit gibt es im Elsass zwar. Sie spielen aber keine so

große Rolle, wie es von unserer Rheinseite aus oft gesehen wird.

»Die Elsässer

sind immer

vorne mit

dabei«

Bild: Elisabeth - Fotolia

STRASSBURG

Straßburg war Hauptstadt der Region Elsass und ist seit der

Verwaltungsreform 2016 Hauptstadt der neuen Region Grand

Est. 277.000 Einwohner zählt die Kernstadt, rund eine halbe

Million der gesamte Ballungsraum. Damit ist Straßburg die

deutlich größte Stadt sowohl des Elsass als auch des großen

Ostens. Als Sitz des EU-Parlaments (Bild) nennt sie sich stolz

„Eurométropole“, also europäische Hauptstadt, zumal weitere

europäische Einrichtungen hier ansässig sind wie der Europarat,

der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, die Europäi-

sche Bürgerbeauftragte oder das Eurokorps. Außerdem sendet

der deutsch-französische Fernsehkanal Arte seit 1992 aus der

Stadt. Straßburg beherbergt eine große Universität und einige

Hochschulen, darunter die Elitehochschule ENA („École Natio-

nale d‘Administration“), die die meisten französischen Minister

und Präsidenten wie auch Emmanuel Macron besucht haben.

Insgesamt zählt die Stadt rund 50.000 Studenten. Forschung

und Innovation spielen auch wirtschaftlich eine wichtige Rolle,

so gilt Straßburg beispielsweise als Zentrum für Medizintechnik.

Generell dominiert der Dienstleistungssektor dasWirtschaftsle-

ben. Laut Zahlen der elsässischenWirtschaftsförderungsagentur

Adira arbeiten von den insgesamt knapp 170.000 Beschäftigten

in der Privatwirtschaft gut 80 Prozent im Dienstleistungssektor.

Zu den Straßburger Industrieunternehmen zählen beispielswei-

se der Pharmakonzern Lilly, der Wursthersteller Herta und die

Brauerei Kronenbourg.

kat