ihrer Zulieferer in Tuttlingen
geht’s?
auch das spart Produktionskosten. Die Probleme der
E-Autos auf langen Strecken (kurze Reichweiten, wenig
Ladestationen) begegnen weder dem „Streetscooter“
noch dem „e.GO Life“. Steckdosen brauche man in
Parkhäusern und der eigenen Garage. „Man fährt nicht
zum Tanken, man tankt beim Parken“, so Schuh.
E
ine der Grundlagen der E-Mobilität, nämlich die
derzeitige Stromversorgung in Deutschland,
hinterfragte
Julian Meyer
, Geschäftsführer des
Drehteileherstellers Mesa Parts aus Lenzkirch. Der Ver-
kehr mache in Deutschland nur 20 Prozent des CO
2
-
Ausstoßes aus, an die 40 Prozent entstünden aber bei
der Stromgewinnung aus Kohlkraftwerken, wie wir sie
derzeit in Deutschland vorwiegend hätten. Nur 32 Pro-
zent des Stroms würden heute mit erneuerbaren Ener-
gien produziert. Bei entsprechenden Wind- und Sonnen-
einstrahlungssituationen könne es, da Energie derzeit
nicht speicherbar sei, Ausfälle (Dunkelflaute) geben, die
nur mithilfe der Kohlekraftwerke beziehungsweise dem
Import von Strom (möglicherweise aus Atomkraftwer-
ken) ausgleichbar seien. Die Kosten der erneuerbaren
Energien lägen derzeit bei 30 Milliarden Euro im Jahr,
seit dem Jahr 2000 bei 200 bis 300 Milliarden Euro.
Trotz dieser hohen Subventionen sei kaum eine Ver-
ringerung des CO
2
-Ausstoßes zu verzeichnen. Um 50
Prozent reduziert werden könnte dieser Ausstoß durch
den Bau von Gaskraftwerken, was Investitionen von 60
bis 70 Milliarden Euro erfordern würde. Mit Blick auf
die Elektromobilität wies Meyer auf die Spitzenlasten in
den Abendstunden hin, wenn künftig möglicherweise 40
Millionen Fahrzeuge in Deutschland innerhalb von drei
Stunden aufgeladen werden sollten. Das würde eine
riesige Herausforderung. Strom tanken würde dann auch
deutlich teurer, wenn die gleichen Energiesteuern und
die Kosten der Infrastruktur auf den Autostrom aufge-
schlagen würden. Aus Meyers Sicht gibt es viele gute
Argumente, die E-Mobilität nicht bevorzugt zu fördern.
Es brauche massive Anstrengungen, um Fehlsteuerun-
gen und Fehlentwicklungen im Interesse der Industrie
und des Verbrauchers zu verhindern. Es gilt laut Meyer,
vor allem eine Emissionsverlagerung (weg vom Verbren-
nungsmotor hin zu noch mehr Kohlestromproduktion)
zu vermeiden.
schen den Lieferwagen kaufen (ein Beispiel aus der
Region siehe Seite 44). Die gesamten Betriebskosten
der Wagen liegen laut dem Aachener Professor leicht
unter denjenigen der alten mit Verbrennungsmotor aus-
gerüsteten. 1.500 Zulassungen gab es im Jahr 2016:
Das war besser als Tesla, so Schuh. Neues Projekt
von Schuh und seiner aus vielen Disziplinen der Hoch-
schule Aachen stammenden Crew ist ein Kleinwagen
namens „e.GO Life“, der nach Prinzipien einer Indus-
trie 4.0-Umgebung entwickelt und so auch produziert
werden soll. Nach Schuhs Erfahrung lässt sich eine
gleichzeitige Vielzahl von Problemen in einem Netzwerk
wie eben demjenigen der Technischen Hochschule lö-
sen („Kannste mir mal eben sagen ...“, beispielsweise
wie Thermoplaste bei hohen oder niedrigen Tempera-
turen reagieren). 300 Firmen können bei konkreten
Fragestellungen zusammenarbeiten. Ausgangspunkt
für den „e.GO Life“ war Schuhs Erkenntnis, dass ein
Elektroauto, das den Nutzen halbiert und den Preis
verdoppelt (wie das derzeit meistens der Fall ist), nicht
verkäuflich ist. Da helfen auch keine größere Reichweite
oder der massenhafte Ausbau von Ladestationen. Der
„e.GO Life“ dagegen ist gedacht als Zweitwagen, für
den Stadtverkehr, etwa für die Mutter, die ihre Kinder
zu Aktivitäten transportiert, oder den Pflegedienst oder
den Gemüselieferanten, der nur 50 oder 60 Kilometer
am Tag zurücklegt. Ein Auto für diese Zielgruppen muss
Spaß machen, es muss hübsch, sicher, praktisch und
bezahlbar sein. Der „e.GO Life“ wird laut Schuh unter
16.000 Euro kosten, er wird flott beschleunigen, ein
Aluchassis und einen Boschmotor haben, die Karosserie
wird aus Thermoplast bestehen (mit größeren Fugento-
leranzen als dies derzeit die Automobilindustrie akzep-
tieren würde), er ist mit kleinen Batterien betreibbar,
und die Produktion ist relativ günstig. So müssen für die
Werkzeuge lediglich 3,5 Millionen Euro und nicht, wie
sonst üblich, 120 Millionen Euro ausgegeben werden,
die Herstellung kann so weniger als 10.000 Euro kosten.
Bereits jetzt sind an die 2.000 Bestellungen eingegan-
gen, obwohl das Auto noch nicht verfügbar ist.
Das Leasing kostet unter 150 Euro monat-
lich bei 10.000 Kilometern im Jahr, die
Versicherung ist günstig und Bosch erle-
digt den Service. Es gibt nur fünf Farben,
»Es gilt,
Emissions-
verlagerungen zu
vermeiden«
2 | 2018
Wirtschaft im Südwesten
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