Wirtschaft im Südwesten
2 | 2018
48
Praxiswissen
RECHT
Personalgespräch
Aufzeichnen per
Handy geht nicht
E
inem Arbeitnehmer, der ein Personalgespräch
heimlich aufnimmt, kann wirksam fristlos gekün-
digt werden. Dem betreffenden Arbeitnehmer wurde
zunächst vorgeworfen, Kollegen beleidigt und bedroht
zu haben. Bereits einige Monate zuvor hatte er in ei-
ner E-Mail Vorgesetzte und einige Kollegen als „Low
Performer“ und „faule Mistkäfer“ bezeichnet und war
deshalb abgemahnt worden. Schließlich wurde er zu
einem Personalgespräch geladen, an dem neben dem
Vorgesetzten auch noch ein Betriebsratsmitglied teil-
nahm. Der Arbeitgeber erfuhr einige Monate nach
dem Personalgespräch durch eine E-Mail des Arbeit-
nehmers von der heimlichen Aufnahme und sprach
alsdann eine fristlose Kündigung aus. Daraufhin klag-
te der Arbeitnehmer gegen die Kündigung und berief
sich im Verfahren darauf, dass er nicht gewusst habe,
dass eine Tonaufnahme verboten sei. Zudem habe
sein Smartphone während des Gespräches offen auf
dem Tisch gelegen.
Sowohl das erstinstanzliche Gericht, wie auch die
Berufungskammer haben die Klage des Arbeitneh-
mers abgewiesen und geurteilt, dass das heimliche
Mitschneiden eines Personalgespräches das allge-
meine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer
verletze. Dieses beinhalte unter anderem, selbst zu
bestimmen, ob Erklärungen nur den Gesprächspart-
nern, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit
zugänglich sein sollen. Das sichtbare Smartphone
konnte den Arbeitnehmer auch nicht schützen, da
das Gericht der Auffassung war, dass der Arbeitneh-
mer zuvor auf die Aufnahme hätte hinweisen müssen.
Selbst die 25-jährige Betriebszugehörigkeit des Arbeit-
nehmers veranlasste das Berufungsgericht nicht, die
arbeitgeberseitigen Interessen an einer Beendigung
des Arbeitsverhältnisses hinter die Interessen des
Arbeitnehmers an einer Fortsetzung seines Arbeits-
verhältnisses zurück zu stellen.
Olaf Müller, Rechtsanwälte Endriß & Kollegen
LAG Hessen, Urteil v. 23.8.2017, 6 Sa 137/1
BAG-Urteil zu freiwilliger Gratifikation
Weihnachtsgeld kann gekürzt werden
E
rhält eine Arbeitnehmerin über Jah-
re hinweg eine vertraglich geregelte
Sondergratifikation und steht diese unter
dem generellen Vorbehalt, dass sie vom
Arbeitgeber alljährlich neu festgesetzt
wird, erwirbt sie laut Bundesarbeitsgericht
(BAG) keinen der Höhe nach gebundenen
Anspruch, auch wenn der Arbeitgeber jahre-
lang ein Bruttomonatsgehalt an Gratifikation
aufgewendet hat.
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin bezog von
1999 bis 2013 regelmäßig ein Bruttomonats-
entgelt als Weihnachtgeld, das unter dem
generellen Vorbehalt der Freiwilligkeit stand
und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
in entsprechender Höhe entrichtet werden
sollte. Eine Hälfte der Gratifikation sollte
jeweils als Vorschuss im Mai und die zweite
Hälfte im November fällig werden. Im Jahr
2014 zahlte der Arbeitgeber zwar im Mai
noch die erste Hälfte, im November dann
allerdings nichts mehr unter Berufung auf
ein negatives Betriebser-
gebnis. Dies teilte er der
Klägerin und der gesam-
ten Belegschaft schrift-
lich mit. Die Klägerin hielt
die Regelung für intrans-
parent und bestand auf
Zahlung eines vollen Bruttomonatsgehaltes
im Jahr 2014. Sie verwies dabei auf die lang-
jährige vorbehaltlose Zahlungspraxis sowie
auf die Vorschussleistung aus dem Mai des
besagten Jahres, aus der sie einen vollen
Anspruch ableiten wollte.
Sie hatte allerdings keinen Erfolg mit ihrer
Klage vor dem BAG, das die entsprechenden
vertraglichen Bestimmungen kontrollierte.
Der Vorbehalt der „Freiwilligkeit“ verhindere
zwar keinen Rechtsanspruch, die jeweilige
Höhe könne der Arbeitgeber in der zu über-
prüfenden Fallkonstellation
jedoch durch Ausübung billi-
gen Ermessens bestimmen.
Dies sei durch die Zahlung der
ersten Hälfte im Mai jedenfalls
noch nicht abschließend ge-
schehen. Dem im Rahmen der
betrieblichen Übung geltenden Grundsatz ei-
ner Anspruchsentstehung bei mehrmaliger
vorbehaltloser Leistung konnte kein Gehör
geschenkt werden, da im vorliegenden Falle
gerade eine arbeitsvertragliche Regelung
vorlag, die den Arbeitgeber nicht im Sinne
einer betrieblichen Übung gebunden hatte.
Olaf Müller
Rechtsanwälte Endriß und Kollegen
Durch mehrmalige
Leistung entsteht
kein Anspruch
Ein Arbeitgeber kündigte
seinem Mitarbeiter, der ein
Personalgespräch mit seinem
Smartphone aufgenommen
hat. Zu Recht, entschieden
Erstinstanz und Berufungs-
gericht.
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