Wirtschaft im Südwesten
10 | 2017
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Für die Ewigkeit
I
n Deutschland zählte der Bundesverband Deutscher
Stiftungen im vergangenen Jahr 21.806 rechtsfähi-
ge Stiftungen des Bürgerlichen Rechts, 2,4 Prozent
mehr als im Jahr 2015. Im Regierungsbezirk Freiburg, so
berichtet die Regierungsdirektorin Jutta Pollich, gab es im
selben Jahr 568 Stiftungen, davon waren 547 gemeinnüt-
zig. Ihr Bestand hat sich während der vergangenen Jahre
kontinuierlich um ein bis zwei Dutzend pro Jahr vermehrt.
Das Regierungspräsidium ist Genehmigungs- und Auf-
sichtsbehörde für die Stiftungen. Die Anerkennung der
Gemeinnützigkeit und damit wesentlicher Steuerentlas-
tungen ist Sache der zuständigen Finanzämter.
Was gemeinnützige Zwecke sind, bestimmt der Pa-
ragraf 52 der Abgabenordnung in 25 Punkten recht
genau. Jede Stiftung muss einen Stiftungszweck ha-
ben. Häufigster Stiftungszweck in Deutschland ist der
Bereich Bildung/Erziehung und Studentenhilfe
bei etwa einem Drittel aller Stiftungen, wie der
Bundesverband Deutscher Stiftungen meldet. Es
folgen Kunst und Kultur, Kinder- und Jugendhil-
fe, Altenhilfe, Mildtätigkeit sowie Wissenschaft
und Forschung. Auch öffentliches Gesundheits-
wesen, Umweltschutz, Denkmalschutz, Sport, Wohl-
fahrtswesen, kirchliche Zwecke, Völkerverständigung
und Heimatpflege sind anerkannt. Den Stiftungszweck
muss der Stifter unter anderem in der Satzung der
Stiftung festlegen, ebenso die Art und Weise der Auf-
gabenerfüllung und die Anzahl der Organe. Als Organ
muss in jedem Fall ein Stiftungsvorstand vorhanden
sein, in dem der Stifter selbst Platz nehmen kann. Un-
abdingbar ist auch das Stiftungsgeschäft, in dem der
Stifter überdies seinen Willen bekundet, ein bestimm-
tes Vermögen in die Stiftung einzubringen. „Stiftun-
gen sind kein Steuersparmodell“, betont Jutta Pollich.
Denn das Vermögen, das der Stifter in seine Stiftung
einbringt, ist dort für immer festgelegt, er kann es
nicht zurückholen. Eine Stiftung darf auch nicht das
Vermögen selbst aufzehren (vom seltenen Fall der „Ver-
brauchsstiftung“, wie sie gerne für Lehrstuhlfinanzie-
rungen errichtet wird, abgesehen), sie muss vielmehr
die Stiftungszwecke aus den Erträgen des Vermögens
finanzieren. Das Vermögen darf zwar umgeschichtet
werden, stets ist jedoch auf wertbeständige und eher
risikoarme Anlagen zu achten.
Unter den derzeitigen Zinsbedingungen, so stellen
Jutta Pollich und Horst Zipse, Rechtsanwalt und Vor-
standsvorsitzender der Freiburger Eugen Martin Stif-
tung, übereinstimmend fest, ist es gerade für kleinere
Stiftungen schwierig, aus Erträgen von Finanzanlagen
ihren Zwecken noch nachkommen zu können. Als relativ
unabhängig vom Zinsniveau erweisen sich naturgemäß
Stiftungen, deren Vermögen vorwiegend aus Immobilien
besteht und deren Einnahmen folglich aus Mieten her-
rühren, sowie Stiftungen, die mit Unternehmensanteilen
ausgestattet sind und damit von Gewinnausschüttungen
leben. Stiftungen können mit Vermögen ab 100.000
Euro gegründet werden, sagt Jutta Pollich. Die Statis-
tik zeigt, dass das durchschnittliche Anfangsvermögen
der Stiftungsgründungen im Regierungsbezirk 2016
bei circa 1,3 Millionen Euro lag. Und dies ohne zwei
„Ausreißer“ einzubeziehen, die mit jeweils einem Viel-
fachen dieser Summe begonnen haben. Wie hoch das
Das Stiftungswesen in Deutschland blüht, auch bei uns im Südwesten. Meistens
werden Stiftungen von Privatpersonen ins Leben gerufen, 95 Prozent sind gemein-
nützig. Unser Titelthema veranschaulicht an einigen Beispielen, was Stifter zu ihrer
Stiftung bewegt, wie diese organisiert sind und was sie bewirken.
»Stiftungen
sind kein
Steuersparmodell«
titel
Illustration: Graphikbuero Gebhard | Uhl