Wirtschaft im Südwesten
10 | 2017
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titel
tungen wie das Elias-Schrenk-Haus in Tuttlingen, das
Wohnheim St. Agnes in Spaichingen sowie die Stiftung
St. Franziskus Heiligenbronn. Das Vermögen der Stif-
tung, die im Übrigen als gemeinnützig anerkannt ist,
hat seit Gründung einen solchen Umfang erreicht, dass
sie jährlich einen niedrigen sechsstelligen Betrag für
das Verfolgen ihrer Zwecke ausgeben kann. Ewald Mar-
quardt selbst fungiert als Vorstandsvorsitzender der
Stiftung. Für die verschiedenen Bereiche der Stiftung
sind jeweils eigene fachkundige Kuratoren betraut.
Die Messmer Foundation in Riegel
Der Unternehmer und Kunstsammler Jürgen A. Mess-
mer hat im Jahr 2005 die Messmer Foundation ge-
gründet. Die gemeinnützige Stiftung ist Trägerin der
Kunsthalle Messmer, die seit 2009 in einem Teil einer
stillgelegten über 130 Jahre alten Brauerei beheimatet
ist. Der gebürtige Villinger Jürgen Messmer hatte be-
reits während des Wirtschaftsingenieurstudiums
in München begonnen, Kunst zu sammeln. Er hat
Spaß an reduzierter Malerei, an konkret konst-
ruktiven Werken, an der französischen „géome-
trie abstrait“. Die Sammlung umfasst heute weit
über 1.000 Arbeiten unter anderem von Max Bill,
Georges Braque, Salvador Dalí, Otto Dix, André
Evard, Günter Fruhtrunk, François Morellet, A. R. Penck,
Pablo Picasso und Victor Vasarely. Die Sammlung wird
ständig erweitert – „es sammelt sich halt an“, sagt
Messmer. „Wenns richtige Objekt kommt, ist man fäl-
lig.“ Testamentarisch hat er festgelegt, dass alles, was
er besitzt, inklusive der Immobilien, in denen das Muse-
um untergebracht ist, der Stiftung zugehen wird. Seine
Frau hat er zur Nachfolgerin als Vorstandsvorsitzende
des Stiftungsvorstandes bestimmt, dem außerdem
mehrere Kunstsachverständige, Versicherungsspezia-
listen und Vertreter von Museen angehören.
Die Kunsthalle (siehe Bild links unten) verfügt über
außerordentlich schön gestaltete 900 Quadratmeter
große Ausstellungsräume, die klimatisch und beleuch-
tungstechnisch auf dem neuesten Stand sind, darüber
hinaus über 900 Quadratmeter Lagerflächen und einen
ebenso großen Skulpturengarten. Die Besonderheit: In
der Kunsthalle werden wechselnde Ausstellungen zur
Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts sowohl aus der ei-
genen Sammlung als auch aus Leihgaben internationa-
ler Privat- und Museumssammlungen präsentiert. Zum
Golfspielen habe er schon lange keine Zeit mehr, sagt
Messmer. Er ist gut beschäftigt mit der Organisation
von drei bis vier Ausstellungen pro Jahr, die von jeweils
bis zu 40.000 Interessenten besucht werden. Bislang
konnten fast eine halbe Million Besucher begrüßt
werden. Auch sein berufliches Engagement – über 20
Jahre lang hatte er sehr erfolgreich eine Firma für die
Produktion von exklusiven Schreibgeräten aufgebaut
– vermisst Messmer nicht mehr. Das Unternehmen hat
er im Jahr 2006 verkauft.
Ein großes Anliegen ist es Messmer, Kinder und Jugend-
liche sowie Menschen aus sozial schwachem Kontext an
die Kunst heranzuführen. Sein Engagement ist nicht nur
zeitlich, sondern öfter auch finanziell gefordert. Immer
wieder stiftet er aus Privatvermögen zu, im Übrigen ist er
froh, wenn die Arbeit der Stiftung beziehungsweise der
Sammlung Null auf Null aufgeht. Ausstellungen zu orga-
nisieren ist eine teure Angelegenheit, vor allem, wenn
man an die Versicherungen der gezeigten Werke denkt
oder an spezielle Umbauten, die manche Leihgaben
erfordern. Derzeit läuft die Ausstellung „Picasso und die
Frauen“, die 130 Werke von Picasso sowie seinen Frau-
en und Musen zeigt, und an der elf Leihgeber beteiligt
sind. Die Kunsthalle beschäftigt circa acht Mitarbeiter,
darunter mehrere Kunstfachleute sowie Bürokaufleute.
Die Stoll Vita Stiftung in Waldshut
Die gemeinnützige Stiftung ist 1985 von den Eheleuten
Emma Stoll (1919-2010) und Christof Stoll (1912-2003)
gegründet worden. Die beiden brachten schenkungs-
weise ihr gesamtes Vermögen und ihre Firmenbeteili-
gung an dem heutigen Büromöbelhersteller Sedus Stoll
AG (ebenfalls Waldshut) in die Stiftung ein. Zum einen
wollten sie damit – kinderlos geblieben – die Nachfolge
des Unternehmens regeln, zum anderen fortgeführt
wissen, was ihnen am Herzen lag und wofür sie sich
jahrzehntelang engagiert hatten: die Verbreitung ge-
sunder Ernährungsweisen, des ökologischen Land- und
Gartenbaus, der Ganzheitsmedizin und der Bildung.
Das Stiftungsvermögen umfasst heute im Wesentlichen
die Beteiligung an der Sedus Stoll AG (58,8 Prozent)
sowie das mehrere tausend Quadratmeter große ur-
sprüngliche Firmengelände in zentrumsnaher Lage
von Waldshut, das während der vergangenen Jahre
renaturiert und dessen historische Gebäude renoviert
wurden. Mit der Dividendenausschüttung der Sedus
Stoll AG (2016: über eine Million Euro für die Stiftung)
werden die laufende Arbeit und die Förderungen der
Stiftung finanziert. Der Stiftungsvorstand besteht
aus der Juristin Adelheid Kummle als Vorsitzender,
Heinrich Lachenmaier als ihrem Stellvertreter sowie
»Zum Golfspielen
habe ich schon lange
keine Zeit mehr«
Das Gebäude der Messmer
Foundation in der Anlage der
ehemaligen Riegeler Brauerei,
davor der Skulpturengarten.